COVID-19: Kapitalistische Landwirtschaft am Ursprung von Epidemien

Corona hat viel mit der kapitalistischen Landwirtschaft zu tun – die Ursachen sowie die Folgen. Und wenn die kapitalistische Landwirtschaft viel damit zu tun hat – dann schlussendlich auch grosse Agrarkonzerne wie Syngenta oder Monsanto/Bayer.

Foto: World Health Organization/Getty

Rede zu diesem Thema am Web against Syngenta

Das Corona Virus wohl von einem Wildtier auf den Menschen übergesprungen ist. Und das ist an sich nichts Ungewöhnliches. In den letzten Jahrzehnten sind hunderte von Krankheitserregern neu- oder wiederaufgetaucht. Und die Mehrheit dieser Krankheitserreger hat ihren Ursprung in Tieren – meist Wildtieren, aber auch Haus- und Nutztieren. Die Krankheitserreger sind für ihre tierischen Wirte oft harmlos und dass sie auf die Menschen überspringen, passiert mindestens seit der Domestizierung. Aber seit einigen Jahrzehnten geschieht das viel häufiger. Wissenschaftler*innen konnten zeigen, dass eine Zerstörung von Ökosystemen, von kleinbäuerlich genutztem Land, von Regenwald oder Sümpfen ein solches Überspringen von Viren wahrscheinlicher macht. Durch solche Zerstörungen verlieren viele Tiere ihren Lebensraum, sie leben auf engerem Raum, suchen sich neue Lebensräume näher bei den Menschen. Und wenn man jetzt dabei nur an Regenwälder denkt, dann stimmt das nicht. So ist beispielsweise die durch Zecken übertragene Borreliose wohl unter anderem wegen der Zerstörung von Wäldern in unseren Breitengraden auf dem Vormarsch. (Für Ausführungen zu diesen Themen siehe Guardian, 18.03.2020; The Nation, 18.02.2020; Marx21, 11.03.2020)

Diese Zerstörung von Ökosystemen ist in den letzten Jahrzehnten mit einer ungekannten Schnelligkeit vorangetrieben worden. Es sind landwirtschaftliche Plantagen und Minen, die zu einem riesigen Teil dafür verantwortlich sind. Und diese landwirtschaftlichen Plantagen machen die kapitalistische Landwirtschaft aus, sie bringen Profit, werden gebraucht für Palmöl oder für Soja. Und es ist an diese Plantagen, auf denen die grossen Agrarkonzerne wie Syngenta und Bayer ihre Pestizide und ihr patentiertes Saatgut verkaufen, mit diesen Plantagen verdienen auch sie ihr Geld.

Und es kommt noch etwas dazu. Wissenschaftler*innen konnten zeigen, dass die Entwicklung von Influenza-Viren, eng zusammenhängt mit der industriellen Tierproduktion. In heutigen Tierfabriken sind die Tiere auf engstem Raum zusammengepfercht sind, ihre Immunsysteme dadurch geschwächt und dazu sind sie noch durch Züchtung genetisch praktisch identisch. All diese Faktoren fördern eine sehr schnelle Ausbreitung und Weiterentwicklung von Viren. Und falls man sich jetzt chinesische Hühnerfabriken vorstellt, täuscht man sich. Die USA, Europa und auch Australien haben zum Beispiel mehr Vogelgrippeviren hervorgebracht als China. Und auch diese Tierfabriken sind wiederum Teil dieses kapitalistischen Systems der Landwirtschaft. Unteranderem für diese Tierfabriken wird auf den grossen, landverschlingenden Sojaplantagen Tierfutter angepflanzt. (zu diesen Themen siehe The Guardian, 28.03.2020; Marx21, 11.03.2020; Grain, 30.03.2020)

Für den Corona-Virus, der im Moment die Welt in Atem hält, ist all dies noch nicht klar – die Herkunft, die Weiterentwicklung, die Übertragung. Aber dass Viren so entstehen, dass aus ihnen so Pandemien werden, ist bekannt. Und dass dies nicht das letzte Mal war – auch. Und dass diese beiden Entwicklungen, Landraub und Abholzung für riesige Plantagen und Minen sowie Tierfabriken, noch in vieler anderer Hinsicht problematisch sind: sie führen zu Artensterben, verschlimmern den Klimawandel und führen zu unfassbar viel Leid für Menschen und Tiere. 

Auch die Auswirkungen des Corona-Virus haben viel damit zu tun, wie das kapitalistische Ernährungssystem organisiert ist. Länder, die stark von Importen abhängig geworden sind für die Ernährungssicherheit, werden heftig getroffen von Handelsbeschränkungen, -verzögerungen und Exportstopps von Grundnahrungsmitteln. Die Menschen, die durch solchen Landraub ihr Land verloren haben, und jetzt ihr Essen kaufen müssen, haben am schnellsten Hunger bei Ausgangssperren und kurzfristigen Nahrungsengpässen. Wenn sie in dieser Krise dann ihre Jobs verlieren, auf den Plantagen zum Beispiel oder im informellen Sektor, dann haben sie schlicht nichts mehr zu Essen am Ende des Tages. Ausserdem sind viele staatliche Institutionen geschlossen, Millionen Kinder bekommen zum Beispiel keine Schulmahlzeiten mehr. So zeichnet sich weltweit eine Ernährungskrise ab und ländliche Gebiete sind davon stark betroffen. Dazu kommt, dass aus einigen Ländern schon Berichte kommen, dass die landwirtschaftlichen Arbeiter und Arbeiterinnen besonders anfällig sind auf Corona, weil ihre Gesundheit durch den jahrelangen Umgang mit Pestiziden geschwächt ist. Das gilt auch für viele Bäuerinnen und Bauern. Dazu kommt, dass in vielen Ländern, auch in der Schweiz, Wochenmärkte zu sind. So werden Supermärkte und Nahrungsmittelkonzerne den kleinen und alternativen Bauernbetriebe gegenüber bevorzugt, denen wichtige Einkommen wegfallen. Für viele eine Katastrophe, die zu weiterer Verschuldung und vielerorts zu Hunger führt. (Zu diesen Themen siehe FAS 2020; FIAN 2020; HLPE 2020)

Es ist wichtig, Widerstand zu leisten gegen die kapitalistische Landwirtschaft, die an dieser Krise und an ihren Auswirkungen einen so grossen Anteil hat. Und zur kapitalistischen Landwirtschaft gehören untrennbar die grossen Konzerne wie Syngenta und Bayer, die ihr Geld verdienen mit grossen Plantagen, mit Futtermitteln und mit Pestiziden. 

Nun, mehr denn je wird heute ersichtlich, wie wichtig lokale, gerechte, ökologische Ernährungssysteme sind. Aber es wird auch klar, dass die Auswirkungen der Pandemie nicht für alle gleich sind. Einmal mehr trifft es die Untersten am härtesten – unter ihnen die Kleinbäuerinnen und die Landarbeiter. Darum braucht es lokale Ernährungssysteme und eine globale Solidarität.

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