Am 24. und 25. Januar 2012 standen der Nahrungsmittelkonzern Nestlé und die Schweizer Sicherheitsfirma Securitas in Lausanne (Schweiz) wegen Bespitzelung der globalisierungskritischen Bewegung Attac vor Gericht. Mit dem Prozess, der lange auf sich hatte warten lassen, wurde endlich der Schleier der Verschwiegenheit gelüftet, der sich über den Bespitzelungsskandal gelegt hatte.
Nestlé vor Gericht wegen Überwachung von Attac
Nestlé und Securitas waren angeklagt wegen illegaler Überwachung und Persönlichkeitsverletzung von Attac und deren Mitgliedern. Die Anzeigen erfolgten, nachdem das Westschweizer Fernsehen TSR am 12. Juni 2008 publik gemacht hatte, dass eine Gruppe von Attac-Vaud, die an einem Buch über die Nestlépolitik arbeitete, von einer Securitasmitarbeiterin im Auftrag von Nestlé infiltriert und ausspioniert worden war. Die Frau war 2003 unter der falschen Identität „Sara Meylan“ der Attac-Gruppe beigetreten, hatte Arbeitssitzungen besucht (teilweise bei den Mitgliedern zu Hause) und darüber detaillierte Berichte zuhanden von Nestlé erstellt. Als Mitglied der Gruppe hatte sie Zugang zu internen Informationen und Zugriff auf sämtliche Recherchen der Autor*innen, auf ihre Quellen und Kontakte sowohl in der Schweiz als auch im Ausland.
Spioninnen während Jahren aktiv
Am 26. September 2008 zeigten die Kläger*innen beim Untersuchungsrichter eine weitere Securitas-Spionin an, die unter ihrem richtigen Namen 2008 noch immer aktiv bei Attac war. Nestlé und Securitas hatten zunächst behauptet, dass die Bespitzelung mit dem Abgang von „Sara Meylan“ im Juni 2004 beendet worden sei. Als dann diese zweite Agentin entdeckt wurde, erklärten die Firmen , diese Agentin hätte nach 2005 keine vertraulichen Berichte mehr für Securitas/Nestlé verfasst.
Das Strafverfahren wurde nach einer mangelhaften Untersuchung am 29. Juli 2009 eingestellt. Der damalige kantonale Untersuchungsrichter übernahm die Darstellungen von Nestlé und Securitas und begründete die Einstellung des Verfahrens u.a. mit der dreijährigen Verjährungsfrist des Datenschutzgesetzes. Dies, obwohl die zweite Nestlé-Securitas-Agentin noch 2008 aktiv bei Attac war.
Am 24. und 25. Januar 2012 kam es zur Verhandlung im Zivilverfahren. Das Urteil erfolgte ein Jahr später. Das Zivilgericht in Lausanne verurteilte Nestlé und die mit der Spionage beauftragte Sicherheitsfirma Securitas zu einer Entschädigungszahlung von je 3’000 Schweizer Franken an zwei Mitglieder der Attac-Gruppe. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Aktivist*innen mit illegalen Methoden infiltriert und ausgekundschaftet worden waren.