Die Schweiz hat dem Rohstoffhändler eine Strafe in Millionenhöhe aufgebrummt – wegen unsauberer Geschäfte im Kongo. Kongolesische Organisationen fordern einen Anteil und sie haben einen ersten Unterstützer.
Artikel vom Tages-Anzeiger (25.9.2024)
- Schweizer Firmen zahlen niedrige Bussen, aber hohe Ersatzforderungen für Auslandvergehen.
- 14 kongolesische NGOs fordern Entschädigung für betroffene Gemeinden aus den Glencore-Zahlungen.
- Nationalrat Dandrès will Schweizer Strafgelder an betroffene Länder zurückführen lassen.
Schweizer Firmen haben Glück. Während ihnen in den USA für Vergehen im Ausland Milliardenstrafen auferlegt werden, gibt sich die Schweiz mit weniger zufrieden. Trotzdem kommt derzeit ein ansehnlicher Betrag zusammen. Zwar sind die Bussen vergleichsweise tief, die Ersatzforderungen hingegen deutlich höher. Die Ersatzforderung soll dafür sorgen, dass den Firmen aus den illegalen Geschäften kein Gewinn entsteht.
In den letzten Wochen sorgten zwei Verfahren der Bundesanwaltschaft gegen Schweizer Rohstofffirmen für Aufsehen: Der Genfer Rohstoffhändler Gunvor wurde jüngst wegen eines Bestechungsfalls in Ecuador zu einer Busse von 4 Millionen Franken und einer Ersatzforderung von 82 Millionen Franken verurteilt. Der Zuger Rohstoffkonzern Glencore zahlte kürzlich wegen eines Korruptionsverfahrens in der Demokratischen Republik Kongo eine Busse von 2 Millionen Franken, und er musste eine Ersatzzahlung von 150 Millionen Dollar leisten.
Dieses Geld landet bislang in der Schweizer Staatskasse. Die Länder, in denen die Vergehen vorgefallen sind, gehen hingegen leer aus.
Bundesrat soll Bericht ablegen
Das wird nun in einem gemeinsamen Schreiben von 14 kongolesischen Nichtregierungsorganisationen kritisiert: «Die kongolesische Bevölkerung, die Opfer dieser gross angelegten Korruptionshandlungen wurde, wird keine Entschädigung erhalten.» Das Schreiben liegt dieser Redaktion vor.
Sie fordern die Schweiz auf, dass zumindest ein Teil der Ausgleichsforderung aus dem Glencore-Verfahren für die Finanzierung sozialer Investitionen, wie etwa von Schulen oder von Krankenhäusern verwendet wird. Das Geld solle besonders für diejenigen Gemeinden aufgewendet werden, die die Hauptopfer der von der Schweizer Untersuchung aufgedeckten Korruptionsfälle sind.
Eine vergleichbare Forderung erging kürzlich an die USA: Dort verlangen mehrere internationale Nichtregierungsorganisationen, dass zumindest 700’000 Dollar einer 263 Millionen Dollar schweren Strafe für geschädigte Personen verwendet werden sollen.
Der Genfer SP-Nationalrat Christian Dandrès nimmt nun diesen Ball auf. Er fordert mit einem Postulat den Bundesrat auf, Massnahmen zu prüfen, damit eingezogene Vermögenswerte und Ersatzforderungen der Bevölkerung der betroffenen Länder zugutekommen, in denen die Straftaten begangen wurden. Korruption sei ein Übel, das dazu beitrage, die Entwicklung eines Gesundheits- oder Bildungssystems zu verhindern.
Geld soll nicht an korrupte Regimes gehen
Die Schweiz führt bereits seit einigen Jahren unrechtmässig erworbenes Vermögen aus internationalen Korruptionsfällen, das in der Schweiz gelandet ist, in ihr Herkunftsland zurück. Doch auch von diesen Geldern bleibt viel in der Schweiz hängen, wovon auch die Schweizer Bevölkerung profitiert.
Eine raschere Rückführung dürfe aber laut Dandrès nicht dazu führen, dass dieses Geld bei den Führern korrupter Regimes landen soll. Daher sollte es für Projekte unabhängiger Organisationen verwendet werden können.
«Die gegenwärtige Situation ist nicht akzeptabel», sagt Dandrès. Er glaubt daher, dass sein Vorschlag durchaus Erfolgschancen haben könnte.