Nach der Gründung einer Gewerkschaft in einer Tochterfirma von Glencore Xstrata in Peru werden alle 35 Gründungsmitglieder entlassen. Das Unternehmen bietet ihnen an, sie wieder einzustellen – wenn sie sich schriftlich von der Gewerkschaft distanzieren. Fünf Gewerkschafter, unter ihnen ihr Präsident, leisten bis jetzt trotz Bestechungsversuchen Widerstand und haben beim Verwaltungsgericht Beschwerde eingereicht. MultiWatch fordert das Management von Glencore Xstrata in der Schweiz dazu auf, umgehend dafür zu sorgen, dass Gewerkschaftsrechte eingehalten werden.
Medienmitteilung von MultiWatch, 30. Januar 2014
Am 23. November 2013 gründete eine Gruppe von Arbeitern der Mine Xstrata Antapaccay in der peruanischen Hochlandprovinz Espinar die „Gewerkschaft der Funktionäre der Bergbaugesellschaft Antapaccay“, SINTRAMINA (Sindicato de Trabajadores Funcionarios de la Compañía Minera Antapacay). Kurz nachdem sie die Gewerkschaft in der Regionaldirektion für Arbeit in Cusco hatten registrieren lassen, erhielten zwischen dem 29. November und 2. Dezember sämtliche 35 Gründungsmitglieder die Kündigung.
Wenige Tage später bot die Tochterunternehmung von Glencore Xstrata in Peru den Entlassenen die Wiedereinstellung an – unter der Bedingung, dass sie aus der Gewerkschaft austräten und einen zu diesen Zweck von den Firmenanwälten verfassten Brief unterschrieben. Im Brief stand, die Arbeiter „seien getäuscht worden“ und hätten geglaubt, für die Gründung einer zivilgesellschaftlichen Organisation statt einer Gewerkschaft zu unterschreiben.
Bestechungsversuch durch Anwälte der Bergbaufirma
28 der betroffenen Arbeiter stimmten diesem Vorschlag zu und wurden wieder eingestellt. Zwei Arbeiter kündigten die Stelle und weitere fünf Arbeiter, die sich weigerten, den Brief zu unterzeichnen, wurden nicht wieder eingestellt. Unter ihnen ist der Präsident der Gewerkschaft, Cosme Bayona. Er beschreibt diesen Entscheid wie folgt: „Es geht uns um das Prinzip der Anerkennung unseres Rechts auf Vereinigungsfreiheit. Die Anwälte des Unternehmens haben uns jeweils bilateral Geld angeboten, um von der Beschwerde abzusehen. Wir wollen dieses Geld aber nicht. Wir wollen eine Garantie, dass Glencore Xstrata unsere Arbeitsrechte vollumfänglich respektiert, jetzt und auch in Zukunft. Deshalb fordern wir neben der Anerkennung der Gewerkschaft auch die sofortige Wiedereinstellung im Bergwerk Antapaccay."
Kurz vor Weihnachten verfassten die Firmenanwälte der Tochterunternehmung von Glencore Xstrata einen weiteren Brief im Namen der ehemaligen Gewerkschaftsmitglieder, in dem sie die zuständigen Behörden baten, die Registrierung der Gewerkschaft zu löschen, da die Anzahl Mitglieder unter die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzahl von zwanzig gesunken sei. Die fünf entlassenen Arbeiter reichten am 27. Dezember 2013 eine Verfassungsbeschwerde (Amparo) beim Verwaltungsgericht von Cusco ein, in dem sie ihre Wiedereinstellung und den Respekt ihrer Gewerkschaftsrechte verlangten. Dieses Verfahren ist nun hängig.
Gewerkschaftsfeindliche Praxis seit der Übernahme im Jahr 2006
Gemäss der verbleibenden Mitglieder der Gewerkschaft SINTRAMINA, hat die Glencore-Xstrata-Tochtergesellschaft Xstrata Antapaccay schon früher zu ungerechtfertigten Entlassungen und Einschüchterungen gegriffen und sich in gewerkschaftsinterne Belange eingemischt, um die gewerkschaftliche Organisierung zu verhindern, und dadurch das Recht ihrer Arbeiter verletzt.
Die Arbeitsverhältnisse in der Mine begannen sich zu verschlechtern, nachdem Xstrata das Bergbauunternehmen, damals noch unter dem Namen Xstrata Tintaya, im Jahre 2006 von BHP Billiton kaufte. Das damalige Management von Xstrata Tintaya teilte den 450 Arbeitern des Betriebs mit, dass sie nun als “Vertrauensangestellte“ eingeteilt würden, eine Statusänderung, die zur Folge hat, dass diese Angestellten sich nicht mehr an kollektiven Verhandlungen der Lohn- und Arbeitsbedingungen beteiligen dürfen.
Laut dem Obersten Gericht Perus muss ein Vertrauensangestellter einen direkten Kontakt zum Management haben und ihm direkt unterstellt sein – ohne Zwischenhierarchien. Des Weiteren hat ein Vertrauensangestellter Zugang zu vertraulichen Dokumenten, die mit dem Produktionsprozess, Handel oder Core-Business des Unternehmens zu tun haben. Drittens muss ein Vertrauensangestellter mit Aufgaben betraut sein, die dazu führen, dass er Angelegenheiten substantieller Natur direkt dem Management mitteilen muss. Doch welche Firma unterstellt ihrem Management ohne Zwischenhierarchie 450 Vertrauensarbeiter?
Vorstandsmitglied der Menschenrechtsorganisation MultiWatch Golda Fuentes, weist darauf hin, dass der Fall zeige, wie gerissen Unternehmen wie Glencore Xstrata in Ländern mit schwachem Rechtsstaat agieren: „Es ist empörend, dass in der viel zu wenig regulierten Wirtschaftswelt hinter verschlossenen Türen solche eindeutigen Missachtungen von Arbeits- und Menschenrechten zu gezielten Strategien von Firmenanwälten mächtiger Konzerne werden.“
Glencore Xstrata muss dafür sorgen, dass seine Tochterunternehmen Gewerkschaftsrechte einhalten
Mit ihrem Verhalten zeigt die Glencore-Xstrata-Tochter, dass sie nicht davor zurückschreckt, auf fragwürdige Mittel zurückzugreifen, um die Bildung neuer Gewerkschaften in ihrem Betrieb zu verhindern. Dass sie damit aber drastisch gegen das Recht auf Gewerkschaftsfreiheit verstösst, scheint sie wenig zu kümmern. MultiWatch fordert Glencore Xstrata auf, unverzüglich bei seinem Tochterunternehmen in Peru zu intervenieren und dafür zu sorgen, dass Arbeits- und Gewerkschaftsrechte vollumfänglich eingehalten werden, dass das Tochterunternehmen die neu gegründete Gewerkschaft anerkennt und dass die fünf unrechtmässig Entlassenen ihre Anstellung zurück erhalten.