Prekäre Arbeitsbedingungen im Zementwerk ACC

Im indischen Bundesstaat Chhattisgarh kämpften die Leiharbeiter bei der Holcim-Tochter Associated Cement Co. Ltd. (ACC) in Jamul seit über zwanzig Jahren für ihre Festanstellung. Die Arbeiter verfügten, obwohl sie zum Teil seit Jahrzehnten bei ACC-Holcim arbeiten, nur über Leiharbeitsverträge, erhielten weniger als ein Drittel des Lohns von Festangestellten und hatten auch keinen Zugang zu Sozialleistungen wie diese.

Diese Tatsache widersprach der indischen Gesetzgebung, wonach Leiharbeiter, welche die gleiche Arbeit ausführen wie Festangestellte, nicht weniger verdienen oder zu schlechteren Bedingungen angestellt sein dürfen. Gemäss einem Abkommen in der Zementbranche dürften zudem Arbeiten nur zu Spitzenzeiten und nur beim Laden und Entladen ausgelagert werden. Auch dann müssten Lohn und Arbeitsbedingungen denen der Festangestellten entsprechen. Für seine Auslagerungspraxis wurde ACC-Holcim von zwei Gerichtsinstanzen verurteilt: Die Verträge mit den Arbeitsvermittlern wären Scheinverträge und ACC-Holcim müsste, so das Arbeitsgericht und das Oberste Gericht des Bundesstaats Chhattisgarh, den Arbeitern reguläre Arbeitsverträge geben und ihnen den gleichen Lohn wie Festangestellten bezahlen. ACC-Holcim weigerte sich jedoch, den Entscheid des Obersten Gerichts umzusetzen und focht das Urteil an.

Am 22. Januar 2017 gelingt es der Gewerkschaft PCSS, in einem Übereinkommen mit LafargeHolcim die Situation der Leiharbeiter*innen endlich zu klären. Mehr als die Hälfte der Leiharbeiter*innen können ihre Stelle behalten. 259 werden in der neuen und 277 in der alten Zementfabrik arbeiten. Ausserdem werden ihre Löhne entsprechend dem nationalen Lohnabkommen der Zementindustrie angepasst. Die restlichen 458 Arbeiter erhalten eine Abfindung und Unterstützung bei der Wiedereingliederung.
Bau des ACC-Erweiterungswerks in Jamul

Auf der Baustelle für das Erweiterungswerk bestanden gravierende Konflikte. Die mehrheitlich migrantischen Leiharbeiter bekamen einen Hungerlohn, oft wurde dieser verspätet oder gar nicht ausbezahlt. Eine gewerkschaftliche Vertretung bei den Leiharbeitern auf der Baustelle war nicht zugelassen.


OECD-Klage in der Schweiz
Im Januar 2012 reicht die Gewerkschaft der Leiharbeiter*innen PCSS beim Nationalen Kontaktpunkt in der Schweiz für die OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen eine Beschwerde gegen Holcim ein. Dieser Kontaktpunkt ist in der Schweiz im Staatssekretariat für Wirtschaft seco angesiedelt. In der Beschwerde beklagt die Gewerkschaft PCSS insbesondere die Verletzung von Gewerkschaftsrechten durch Holcims Subunternehmen ACC und Ambuja. Das OECD-Verfahren wird im Dezember 2014 mit einer Erklärung abgeschlossen.

Zunächst scheint das OECD-Verfahren insofern einen positiven Effekt zu zeigen, als 2015 auf lokaler Ebene zwischen PCSS und dem Management ein Dialog entsteht. Die Arbeiter*innen beklagen sich jedoch weiterhin über die prekären Arbeitsbedingungen, immer wieder kommt es zu Unfällen. Bereits 2013 sterben 5 Angestellte, als der Flugaschentrichter kollabiert und durch vier Stockwerke durchbricht. Am 17. September 2017 sterben zwei Temporärangestellte bei Reparaturarbeiten in der Steinmühle, als sich diese plötzlich in Gang setzt. Die Arbeiter*innen von LafargeHolcim verlangen ein globales Rahmenabkommen, das u.a. den Arbeiter*innenschutz regelt. Ende 2017 informiert LafargeHolcim die Arbeiter*innen, dass die für den 10. Januar 2018 vereinbarte Unterzeichnung des Rahmenabkommens nicht stattfindet. Die neue Unternehmensleitung habe die Notwendigkeit nochmals geprüft und sich dagegen entschieden.

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