Glencore klagte im Jahr 2016 gegen den kolumbianischen Staat. Die Klage stützt sich auf das bilaterale Investitionsschutzabkommen zwischen der Schweiz und Kolumbien und richtet sich gegen eine Busse von 18 Millionen USD. 2015 sprach Kolumbien diese Busse gegen Glencore aus wegen Unregelmässigkeiten in einem Vertrag über eine Bergbaukonzession für die Kohlemine Calenturitas. Kolumbien habe aufgrund dieser Unregelmässigkeiten hohe Einnahmebussen erlitten. Am 27.8.2019 fällte das Weltbankschiedsgericht ICSID den Entscheid zugunsten von Glencore.
Am 6. Oktober 2009 ist das Investitionsschutzabkommen zwischen Kolumbien und der Schweiz in Kraft getreten (siehe hier). Mit solchen Abkommen sollen Direktinvestitionen gefördert werden, sie führen jedoch nicht unbedingt zu mehr Investitionen (siehe Artikel von der ask!, 28.05.2019). Gerade die lateinamerikanischen Länder lernen vor allem die negativen Konsequenzen kennen: Von den bis heute bekannten 942 Investor-Staat-Klagen sind in 267 Fällen (28,3%) Länder aus Lateinamerika und der Karibik betroffen. In diesen 267 Fällen zog meist die lateinamerikanischen Länder den Kürzeren: Nur 30% konnten die Staaten gewinnen, während in 70% der Fälle die Investoren vom Prozess profitierten. Auch diese Klage von Glencore gegen Kolumbien gehört nun zu den erfolgreichen Investoren-Klagen.
Historischer Gerichtsentscheid: Busse gegen Glencore
Es ist von einem historischen Gerichtsentscheid die Rede, als der Rechnungsprüfungshof (Contraloría General de la República) im Jahr 2015 ein Urteil über unterlassene Steuerpflichten sprach (siehe ask!, 27.5.2015). Beim Urteil ging es um eine Anpassung des Konzessionsvertrags im Jahr 2010. Durch die Anpassung wurde die Entrichtung der Abbaulizenzgebühren („Royalties“) und anderer wirtschaftlicher Gegenleistungen neu festgelegt. Dies hatte zur Folge, dass dem Staat Einnahmen von 52`214 Millionen kolumbianische Pesos entgingen. Nach Angaben des Rechnungsprüfungshofes “steht jede Verringerung des Umfangs der Lizenzgebühren im Widerspruch zum Allgemeininteresse (…).“ Ferner hat der Rechnungsprüfungshof festgehalten, dass “mit dieser Intervention in Fiskalangelegenheiten versucht wird, diejenigen Regionen zu entschädigen, die durch die Glencore Mine betroffen waren. Sie hatten nicht sämtliche Lizenzgebühren oder anderweitige wirtschaftliche Gegenleistungen erhalten, die sie gemäss dem oben genannten Vertrag 044/89 (…) hätten empfangen sollen. Diese Lizenzabgaben waren für die Deckung von Grundbedürfnissen wie Gesundheit, Bildung und sanitärer Grundversorgung der Einwohner*innen der Gemeinden Becerril, La Jagua de Ibirico und El Paso im Departement Cesar vorgesehen.“
Betroffen von diesem Urteil ist neben Glencore auch der ehemaligen Bergbau- und Energieminister, Hernán Martínez Torres. Beide wurden für den finanziellen Schaden des Staates zur Rechenschaft gezogen. Insgesamt beläuft sich die Schadensersatzsumme auf 60‘023 Millionen kolumbianische Pesos (etwa 18 Mio. USD).
Eine der ersten Klagen eines multinationalen Konzerns gegen den kolumbianischen Staat
Am 16. März 2016 hat Glencore gegen den kolumbianischen Staat eine Klage gestützt auf dem bilateralen Investitionsschutzabkommen zwischen der Schweiz und Kolumbien eingereicht (siehe ask!, 16.3.2016). Es handelt sich um eine der ersten Klagen eines multinationalen Konzerns gegen den kolumbianischen Staat. Die Klage steht im Kontext einer intensiven Revision des ganzen Bergbausektors durch den Rechnungsprüfungshof („Contraloría“). Das Ziel war, Schlupflöcher zu schliessen, die den Bergbaukonzernen erlaubten Steuern und Abbaulizenzgebühren zu reduzieren. Der Chef des Rechnungsprüfungshofes, der Contralor Edgar Maya, sagt, dass Glencore darum die „Contraloría“ und den kolumbianischen Staat in die Knie zwingen wolle sodass der Staat um Vergebung bitten und die 60 Mia. Pesos zurückgeben müsse (siehe ask!, 16.3.2016). So kam es dann auch: Das Weltbankschiedsgericht ICSID fällte am 27.8.2019 den Entscheid zugunsten von Glencore. Es befugte, dass der kolumbianische Staat über 19 Millionen USD an Glencore`s Tochterfirma zurückbezahlen muss (siehe BLU Radio, 27.8.2019).
Es scheint, dass der Fall von Glencore Schule macht. Zwei weitere Bergbaukonzerne haben Klagen gegen Kolumbien eingereicht gestützt auf die Freihandelsabkommen mit Kanada respektive mit den USA. Es geht dabei um Goldminen, die wegen Umweltschutzmassnahmen (Schaffung von Naturparks) nicht wie geplant in Betrieb genommen werden konnten (siehe ask!, 16.3.2016).
Glencore: ISDS Klagen auch in Bolivien
Im Jahr 2016 leitete das Glencore ein Schiedsverfahren ein – es ging um 675 Mio. USD. Der Schweizer Rohstoffkonzern berief sich auf den bilateralen Investitionsvertrag zwischen dem Vereinigten Königreich und Bolivien und wehrte sich gegen die Verstaatlichung verschiedener Anlagen in den Jahren 2007 und 2010 (siehe ISDS Report: Extraction Casino).