Glencore gewährt Katanga Mining Limited (KML) im November 2007 ein erstes Darlehen von 150 Millionen Dollar, im Januar 2009 weitere 100 Millionen Dollar, teilweise umwandelbar in Aktien von KML. Im Frühjahr 2009 wandelt Glencore sein Darlehen in Aktien um und hält heute knapp 74,4 Prozent an KML. Zu diesem Geschäft gehört ein Vertrag, mit dem Glencore das Recht eingeräumt wird, für die nachfolgenden zehn Jahre sämtliches in den Minen von KML geförderte Kobalt und Kupfer zu verkaufen.
Über KML kontrolliert Glencore plc die Tochterfirma Kamoto Copper Company (KCC) und damit sechs Kupfer- und Kobaltvorkommen auf einem Gebiet von über 40 km2 in der Provinz Katanga. Dabei handelt es sich um drei Abbaustätten in Betrieb (KOV und T17 im Tagebau und Kamoto im Tiefbau), drei Minen, die zurzeit nicht ausgebeutet werden (Mashamba Est, Tilwezembe und Kananga), sowie eine Konzentrations- und eine hydrometallurgische Verarbeitungsanlage. Die Produktion von KCC entwickelt sich rasant. Nach zwei Jahren (2011) ist ihr Kupferausstoss um 57% auf 91’200 Tonnen hochgeschnellt.
KML und Glencore vor der Fusion mit Xstrata beton(t)en in ihren Unterlagen oder Websiten den hohen Stellenwert des Umweltschutzes und der Grundsätze zur unternehmerischen Sozialverantwortung. Dass es sich dabei nur um leere Worte handelt, belegt die Untersuchung von Fastenopfer, Brot für alle (BFA) und der Bench Marks Foundation aus den Jahren 2011 und 2012 sowie aus dem Follow-Up aus dem Jahr 2014:
Geschäfte mit Erzen aus informellem Abbau und Kinderarbeit
Untersuchungen vor Ort zeigten, dass die angeblich stillgelegte Mine in Tilwezembe weiterhin ausgebeutet wird. Unter Aufsicht des libanesischen Handelsunternehmens Misa Mining arbeiten über 1600 informelle Bergleute weiterhin in der Kupferförderung. Misa Mining liefert das Kupfererz an die Bazano-Gruppe, die es wiederum an verschiedene Unternehmen weiterverkauft. Darunter befindet sich die Glencore-Tochter Mopani in Sambia.
Damit bringt Glencore plc Kupfererz aus Tilwezembe auf den Weltmarkt, das unter Besorgnis erregenden Bedingungen informell und zum grossen Teil von Kindern oder Jugendlichen unter 17 Jahren abgebaut wird. Zum Zeitpunkt der Studie arbeiteten in Tilwezembe rund 700 Kinder, was einem Drittel der informellen Bergleute entspricht. Gearbeitet wird ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen und unter prekären hygienischen Bedingungen. Dabei werden die Bergleute systematisch um einen wesentlichen Teil ihres Lohnes geprellt, indem Misa Mining die Wechselkurse sowie das Gewicht und Erzgehalt des aufgekauften Rohmaterials manipuliert.
Zwangsvertreibung von informellen Bergleuten
KCC beteiligt sich am 21. Juni 2010 an der gewaltsamen Zwangsräumung von informellen Bergleuten auf dem angrenzenden Grundbesitz von Gécamines. KCC stellte dafür ihre privaten Sicherheitskräfte und Ausrüstung zur Verfügung. Angeblich spielt KCC auch eine zentrale Rolle beim Aufgebot der öffentlichen Sicherheitskräfte. Während dieser Auseinandersetzungen werden drei Personen getötet.
Mangelhafte Arbeitsbedingungen
Auch wenn bei KCC die Mitarbeitenden mehrheitlich fest angestellt sind und Sicherheitsausrüstungen erhalten, werden immer noch Probleme mit der Belüftung und Absonderung von Gasen in den Minen geschildert. Die Gewerkschaften machten u.a. mittels Streiks (Dezember 2011/März 2012) auf die Stagnation der Löhne und die Diskriminierung einheimischer Angestellter aufmerksam. 2016 kommen sieben Minenarbeiter bei einem Erdrutsch in der Katanga-Mine ums Leben.
Fehlender Konsultationsprozess
KCC hält sich nicht an die gesetzlichen Bestimmungen, die einen offenen und transparenten Dialog mit den von ihren Aktivitäten am meisten betroffenen Gemeinden zu führen. Oft reagiert das Unternehmen überhaupt nicht auf Anliegen der Gemeinden.
Unverantwortlicher Umgang mit Wasser und Umweltbelastung
In der Studie wird nachgewiesen, dass KCC die Schwefelsäure, die sie für die Herstellung der Kupferkathoden verwendet, ungefiltert in den Luilu-Fluss leitet. Auch überschreitet der Blei-, Kobalt-, Kupfer-, Nickel- und Zinkgehalt des Abwassers die gesetzlich festgelegten Höchstwerte bei weitem. Das Wasser ist damit weder für die Landwirtschaft, geschweige denn für den Konsum verwendbar. Die Stadt Luilu mit ihren 20’000 Einwohner*innen hat damit keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser mehr.
In der Stadt Musonoi hat KCC das bereits sehr eingeschränkt verfügbare Trinkwasser geradewegs zu ihrer Mine T17 umgeleitet und so 80% der Einwohner*innen um ihren Zugang zum Trinkwasser gebracht. Ausserdem leidet die Bevölkerung unter der vom Bergbau verursachten Staubbelastung und Erschütterungen durch Sprengungen, die Risse in oder gar den Einsturz von Gebäuden verursachen.
Dubioses Geschäftsgebaren und zweifelhafte Verbindungen
Bereits 2011 stellen BFA und Fastenopfer in ihrer Studie die Geschäftspraktiken von Glencore im Kongo in Frage: Auch wenn KCC in der Demokratischen Republik Kongo seine Steuern und Gebühren in den Jahren 2010 und 2010 ordentlich zahlt, schafft es das Unternehmen die Gewinnsteuer zu umgehen. Dank der verschachtelten Struktur – KCC befindet sich zu 75% im Besitz von fünf Gesellschaften, die in Steuerparadiesen angesiedelt sind – gelingt es dem Unternehmen anhand von konzerninternen Geschäften, für die Jahre 2010 und 2011 immense Verluste im neunstelligen US-Dollarbereich auszuweisen. Nach Schätzungen von BFA/Fastenoper sind der Demokratischen Republik Kongo im Jahr 2010 144,1 Millionen US-Dollar und im Jahr 2011 52 Millionen US-Dollar entgangen.
Seit Jahren von NGO-seite angeprangert wird die zweifehafte Partnerschaft Glencores mit dem umstrittenen irsaelischen Geschäftsmann Dan Gertler. Dessen Nähe zu Präsident Kabila, dem er 2001 im Austausch gegen ein Monopol auf den Diamantenexport Waffen geliefert haben soll, sowie zur Nummer 2 des Regimes, Augustin Katumba Mwanke, ist von der UNO und dem kongolesischen Parlament kritisiert worden, bevor Glencore seine Partnerschaft mit Dan Gertler eingegangen ist. Ende 2017 bringen die Paradise Papers neue Erkenntnisse zu Tage, die Gertlers Schlüsselrolle bei Glencores kongolesischen Deals bestätigen. Sie bringen den Nachweis, dass Glencore bei der Übernahme der Kontrolle über Katanga Mining Gertler mehrmals formell für Verhandlungen mit den kongolesischen Behörden mandatiert hat. Für die erfolgreichen Verhandlungen gewährt Glencore Gertler einen Kredit von 45 Millionen Dollar. Danach wird bei der Neuerteilung der Schürfrechte für Katanga Mining die Lizenzgebühr von 585 auf 140 Millionen Dollar gesenkt, ein viermal kleinerer Betrag als die meisten Konkurrenten von Glencore hätten bezahlen müssen. Für die demokratische Republik Kongo ist dies ein miserabler Deal, denn damit ist eine Summe in der Höhe eines Zehntels ihres Haushaltsbudgets entgangen. Glencore und Gertler leugnen jegliche illegalen Handlungen. Die NGO Public Eye bezweifelt dies und hat deswegen im Dezember 2017 bei der Schweizer Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen Glencore eingereicht.
Mittlerweile ermittelt die USA gegen Dan Gertler wegen Korruption und bittet die Schweiz um Rechtshilfe (siehe Update Tages-Anzeiger vom 26.1.2018).