Solway Investment Group hat 2011 die Konzession der Mine Fénix und Montufar sowie die Compañia Guatemalteca de Niquel (CGN) gekauft. 2013 wurde die Compañia Guatemalteca de Niquel de Izabal S.A. (Pronico) gegründet. Dazu gehört auch das Nickelschmelzwerk in Izabal (Provinz El Estor). Im Mai 2017 reicht die lokale Fischereizunft Anklage gegen das Unternehmen wegen der Verschmutzung des Izabal-Sees ein. Bei Protesten der lokalen Bevölkerung gegen die Verschmutzung durch den Bergbau wird ein junger Fischer erschossen. Dies ist ein neuer Höhepunkt eines jahrelangen Konflikts zwischen Bergbauunternehmen und lokaler Bevölkerung.
Anfang Mai reicht die Fischerzunft von El Estor Anzeige gegen den Bergbaukonzern Pronico und das Agrounternehmen Naturaceites wegen Verseuchung des Izabal-Sees durch Chemikalien und Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung ein. Wochen danach kann eine Dialogrunde zwischen den verschiedenen Ministerien, der lokalen und regionalen Regierung und den Fischern vereinbart werden. Doch die Behörden verlegen kurzfristig den Ort des Treffens, sodass er für die Fischer nicht mehr erreichbar ist. Sie entscheiden sich für einen Protest vor der Einfahrt zur Nickelmine Fénix. Dort treffen sie auf schwerbewaffnete Polizisten, die sofort zu schiessen beginnen. Der 27-jährige Maaz Coc wird getötet. Die Protestierenden bleiben beim Opfer, während Unbekannte in einem anderen Teil des Ortes mit Plünderungen beginnen und die Polizeistation sowie das Haus des Bürgermeisters in Brand setzen.
Gemäss Aktivisten hat das Unternehmen bereits früher Unruhestifter in die Proteste eingeschläust, um die Protestierenden anschliessend zu diffamieren und kriminalisieren. Die indigenen Fischer werfen der Regierung vor, den Tod von Maaz Coc zu vertuschen, da weder der Tatort untersucht, noch die Staatsanwaltschaft aktiv geworden ist. Die Regierung gehe nicht nur nicht auf die Forderungen der Fischer und der lokalen Bevölkerung ein, vielmehr mache sie die Protestierenden für den Abbruch des Dialogs verantwortlich.
Solway erbt Konflikte, ohne dafür zu haften
Maaz Coc ist bei Weitem nicht der erste Todesfall im Konflikt zwischen Bergbauunternehmen und lokaler Bevölkerung.
Die Konflikte beginnen bereits mit dem Aufkommen des Bergbaus während der Militärdiktatur in den 60er Jahren und ereignen sich im Kontext des 36-jährigen bewaffneten Konflikts zwischen Guerilla und US-unterstützter Armee sowie Paramilitärs. Zu Beginn hält der guatemaltekische Staat Aktien vom Nickelunternehmen Exmibal, ein Zweigunternehmen der Canadian International Nickel Company (Inco). 1970 und 71 werden zwei Beamte umgebracht, die die Situation rund um die Mine untersuchen sollen. Das Bergbauunternehmen kann in den 70er Jahren aufgrund des Widerstands der Maya Q’eqchi’ nicht auf dem ganzen konzessionierten Land Bergbau betreiben. In den frühen 80er Jahren verschwinden mehrere Führungspersonen der Maya Q’eqchi’ oder werden umgebracht. Eine Wahrheitsfindungskommission der Uno dokumentiert zu dieser Zeit die aktive Teilnahme des Bergbauunternehmens an repressiven Aktionen der Militärs und Paramilitärs gegen die lokale Bevölkerung.
Nach langer Stillegung der Mine kehrt in den 2000er Jahren der Bergbau in die Region zurück. Eine andere kanadische Firma – Skye Ressources – kauft 2004 das Projekt von Inco. Skye und die Fenix Mine werden 2008 von der kanadischen Hudbay Minderals übernommen, die 2011 ihre Aktien an die schweizerische Solway Gruppe weitergibt.
Gewalt und Repressionen kehren mit der Neueröffnung der Fenix-Mine zurück. Es kommt zu einer Serie von gewaltsamen Angriffen und Vertreibungen auf die Maya Q’eqchi’ durch das Militär und die Sicherheitsangestellten des Unternehmens. Elf Maya Q’eqchi’ von der Lote 8 Gemeinschaft reichen in Kanada gegen Hudbay Minerals wegen Beteiligung des Unternehmenspersonals an einer Massenvergewaltigung während einer Zwangsräumung im Jahr 2007 ein. Zwei weitere Klagen gegen Hudbay anderer Maya Q’eqchi’ folgen.
- Die Klage von Angélica Choc: Ihr Ehemann Adolfo Ich wird 2009 brutal ermordet
- Die Klage von German Chub.: Chub wird 2009 angeschossen und sitzt seither im Rollstuhl
Beide Klagen beziehen sich auf eine gewaltsame Niederschlagung von Protesten wegen Landrechten im Jahr 2009, bei der weitere Maya Q’eqchi’ verletzt wurden. Der damals zuständige Oberstleutnant und Chef der Minensicherheit Mynor Padilla muss sich in Guatemala wegen Mord und anderen schweren Delikten vor Gericht verantworten, wird aber 2017 freigesprochen. Einsprachen gegen dieses Urteil sind eingegangen und hängig.
Während Padillas Gerichtsverfahren sind Choc und andere ZeugInnen Drohungen, Einschüchterungen und Angriffen ausgesetzt. Auf Chocs Haus wird geschossen, während sie und zwei Kinder schlafen.
2012 schiesst eine Gruppe bewaffneter Männer auf die beiden Söhne von Rodrigo Tot, Anführer der Gemeinschaft Lote 9. Der eine Sohn überlebt, doch Edin Leonel Tot Sub, Vater von drei Kindern, stirbt mit 29 Jahren.
Verfassungsgericht ordnet die Einstellung aller Bergbautätigkeiten der Solway Investment Group/CGN in El Estor an
Am 18. Juli 2019 hat der guatemaltekische Verfassungsgerichtshof die Abbaulizenz für die Nickelmine Fénix der Solway Investment Group suspendiert (siehe kath.ch, 23.7.2019). Mit seinem Urteil vom 18. Juli gab das Verfassungsgericht einer Klage der indigenen Gemeinden und der Fischerzunft von El Estor statt, die wegen der Verschmutzung des grössten Sees von Guatemala durch den Abbau und die Verarbeitung von Nickelerz ihre Lebensgrundlagen bedroht sehen. Das Gericht kam zum Schluss, die Abbaulizenz sei zu Unrecht ausgestellt worden, weil die Bevölkerung – mehrheitlich Angehörige der Maya-Q’eqchi’-Ethnie – sich im Vorfeld nicht dazu äussern konnte. Am 19. Juni 2020 ordnete das guatemaltekische Verfassungsgericht definitiv die Einstellung aller Bergbautätigkeiten der Solway Investment Group/CGN in El Estor an. In der aktuellen Situation der Besetzung durch das guatemaltekische Militär werden Vertreter*innen der Maya Q’eqchi-Gemeinschaft bedroht, welche sich gegen den Schweizer Konzern gewehrt haben, und Solway betreibt illegal ihre Mine weiter – 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche (siehe Entradas, 23.7.2020).