Umstrittene Entwicklungshelfer aus der Privatwirtschaft

Der Bund setzt auf ein grösseres Engagement von Firmen in der Entwicklungshilfe – Experten warnen.

Die Not ist gross, die öffentlichen Gelder sind begrenzt. Das ist kurz gesagt der Befund der UNO in Bezug auf die Situation in den Entwicklungsländern. Was also tun? UNO und Weltbank setzen vermehrt auf private Firmen: Sie sollen sich stärker an der Entwicklungshilfe beteiligen – und so einen Teil der finanziellen Lücke schliessen.

Auch in der Schweiz will der Bund die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor ausbauen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Ausgaben der öffentlichen Entwicklungshilfe weiter unter Druck geraten dürften (siehe Grafik). Künftig soll es mehr Projekte geben, bei denen die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) des Bundes sich die Kosten mit privaten Geldgebern hälftig teilt – das also, was man auf Neudeutsch Private-Public-Partnerschaften nennt.

Ein Beispiel dafür ist die Kooperation von Nestlé und Deza in Vietnam. Das Land ist der weltweit zweitgrösste Exporteur von Kaffee – und Nestlé ein wichtiger Abnehmer. Doch der Grundwasserspiegel in Vietnam ist am Sinken, wozu der Kaffeeanbau beiträgt. Die Lebensgrundlage der Bauern und längerfristig auch die Kaffeeproduktion sind bedroht. Gemeinsam wollen Nestlé und Deza deshalb den Wasserverbrauch senken. 50'000 Kaffeebauern erhalten ein Training, wie sie mit der Hälfte der Wassermenge gleiche oder bessere Erträge erzielen können.

Laut Nestlé gewinnen alle Beteiligten: Der effiziente Umgang mit Wasser helfe, eine nachhaltigere Lieferkette zu garantieren, schreibt der Konzern auf Anfrage. Die Bauern profitierten, indem sie weniger Arbeit und Energie benötigten und mehr verdienten.

Nicht alle teilen diese Sicht. Bei einigen Hilfswerken ist die Skepsis gegenüber Partnerschaften mit Privaten gross. «Wir haben unsere Zweifel daran, ob das ein guter Weg ist», sagt Tina Goethe vom Hilfswerk Brot für alle. Gelder von Firmen seien in der Entwicklungshilfe nicht per se etwas Gutes; einige Projekte schadeten der lokalen Bevölkerung mehr, als dass sie ihnen nützten.

Die Frage sei auch, ob man nicht Projekte mitfinanziere, die eine Firma ohnehin tätigen würde, weil es in ihrem geschäftlichen Interesse sei. «Das käme einer Verschleuderung öffentlicher Entwicklungsgelder gleich.» (...)

Quelle: TagesAnzeiger, 16.10.2017

Letzte Neuigkeiten

China, USA, 18.11.2024

Vorwurf an die UBS: Heikle Verbindung zu chinesischen Militärfirmen

07.11.2024

Mosambik und die Credit Suisse: Der Tragödie x​-​ter Teil

Kongo, Schweiz, 26.09.2024

«Es kann nicht sein​, dass nun die Schweiz profitiert»

Kongo, Schweiz, 25.09.2024

Politiker fordert: Schweizer Glencore​-​Strafzahlung soll in den Kongo fliessen

Alle Neuigkeiten