NZZ (9.1.2014) berichtet, dass das japanische Gesundheitsministerium Strafanzeige gegen die Tochtergesellschaft des Schweizer Pharmakonzerns Novartis erstattet hat. Auslöser waren gefälschte Studienergebnisse für den Blutdrucksenker Diovan.
Das japanische Gesundheitsministerium hat in dem ostasiatischen Land Strafanzeige gegen die Tochtergesellschaft des Schweizer Pharmakonzerns Novartis erstattet. Zuvor gab es monatelange Ermittlungen gegen das Unternehmen, nachdem Anfang vergangenen Jahres bekanntgeworden war, dass die Daten für Wirksamkeitsstudien für das blutdrucksenkende Novartis-Medikament Diovan gefälscht waren.
Das Gesundheitsministerium in Tokio werfe Novartis nun vor, irreführend für das Medikament geworben zu haben, obwohl dem Unternehmen die Manipulation der Studien bekannt gewesen sei, erklärte ein Sprecher des Ministeriums am Donnerstag. Diovan, dessen Patentschutz in Japan Ende vergangenen Jahres ausgelaufen ist, ist ein wichtiger Umsatzträger für den Konzern. Rund ein Viertel der Erlöse aus dem Medikament kamen zuletzt aus Japan.
Mehrere japanische Krankenhäuser hatten aufgehört, das Medikament zu verschreiben, nachdem im Oktober Medien in Japan breit über eine Untersuchung des Gesundheitsministeriums im Zusammenhang mit den beiden japanischen Diovan-Studien berichtet hatten, bei denen offensichtlich Daten manipuliert worden waren. Das Ministerium prüfte, wie weit Novartis von den Manipulationen gewusst hat. Das Gesundheitsministerium nimmt diesen Fall auch deswegen so ernst, weil es um das Image des Wissenschaftsstandorts Japan fürchtet. Zwei Studien hiesiger Unternehmen waren zu dem Ergebnis gekommen, Diovan reduziere das Infarktrisiko für Bluthochdruckpatienten stärker als andere Mittel. Die Jikei-Universität und die Medizinische Hochschule der Präfektur Kyoto gelten in Japan als angesehene Forschungseinrichtungen. Beide Universitäten haben die von Novartis finanziell unterstützten Studien – ein in der Branche übliches Verfahren – über die möglicherweise geschönten Wirkungen des Medikaments umgehend zurückgezogen. Novartis wechselte die Spitze der japanischen Konzernniederlassung aus.
Der Vorwurf des Gesundheitsministeriums gegen Novartis ist jetzt, dass das Unternehmen weiter auf der Grundlage der gefälschten Daten für Diovan geworben habe, obwohl dem Unternehmen die Manipulationen bekannt gewesen seien. Das Unternehmen sicherte auf seiner Website am Donnerstag zu, bei der Klärung der Vorwürfe mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Novartis hat nach eigenen Angaben von den Manipulationen der Studien nichts gewusst. Allerdings war damals ein Mitarbeiter des Unternehmens an den Studien beteiligt. Der Novartis-Mitarbeiter, der seit Mai 2013 nicht mehr bei dem Pharmakonzern beschäftigt ist, solle die Datenanalyse weitgehend alleine vorgenommen haben, heisst es in Tokio.
Sollte das Gericht den Vorwürfen folgen, drohen Novartis keine hohen Strafen. Das Gesetz sieht zwar eine Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren vor, aber auch – da es keinen konkret Beschuldigten gibt – eine Geldstrafe von 2 Mio. Yen (knapp 18 700 Fr.). Grösser wäre jedoch der Imageschaden für den Konzern.
Artikel aus der NZZ (9.1.2014)