Massenentlassung: Der Verband Angestellte Schweiz und die Unia stellen Forderungen.
Artikel der Basler Zeitung (30.6.2022)
1400 Stellen will die Novartis in der Schweiz streichen – das ist jeder zehnte Arbeitsplatz. Betroffen sind alle Standorte, in Basel sollen aber besonders viele Arbeitsplätze verloren gehen. Mit weltweit insgesamt 8000 Stellenkürzungen will man bis zu einer Milliarde Dollar sparen. Der Basler Regierungsrat Kaspar Sutter bedauert den Stellenabbau am Rheinknie sehr, wie der Wirtschaftsdirektor auf Anfrage sagt. «Dass der Firmensitz hier in Basel und generell die Schweizer Standorte stark betroffen sind, bedeutet auch für unseren Kanton einen Einschnitt. Für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und ihre Familien steht eine schwierige Phase der Unsicherheit bevor.»
Erst 2020 wurde bekannt, dass die Novartis auf geplante Hochhäuser in Basel verzichtet, nun folgt ein Stellenabbau – es scheint, als würde sich der Pharmakonzern immer mehr aus Basel zurückziehen. Sutter widerspricht: «Der Kernbereich Forschung und Entwicklung ist vom Stellenabbau nicht betroffen. Das beurteile ich als Bekenntnis von Novartis zum Standort Basel. Das wird uns auch von der Firmenspitze bestätigt.» Der Stellenabbau könne jedoch dazu führen, dass bisherige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Kanton wegzögen. «Sorgen bereitet mir neben dem eigentlichen Stellenabbau die Pläne zur Verlagerung von Arbeitsplätzen von Basel und der Schweiz weg in andere Länder», fügt Sutter an.
Was kann die Regierung bei einem solch einschneidenden Stellenabbau unternehmen? «Als Regierungsrat schauen wir, dass Basel als Standort attraktiv bleibt», antwortet Sutter. «Wir zeigen dies den Firmen auch auf, die strategischen Unternehmensentscheidungen werden aber durch die Firmen gefällt. Wir fordern wirksame Sozialpläne und unterstützen die vom Stellenabbau betroffenen Personen im Rahmen unserer Möglichkeiten.»
Der Verband Angestellte Schweiz kritisiert den «massiven» Stellenabbau bei Novartis indes heftig. «Mit diesem Schritt mutet der Konzern seinen Angestellten, sich selbst und der Schweizer Wirtschaft eine brutale Fitnesskur zu», heisst es in einer Mitteilung. «Anders als in anderen Branchen üblich werden die potenziell betroffenen Mitarbeitenden nicht von einem externen und von der Firma unabhängigen Sozialpartner unterstützt», so die Kritik.
«Es ist wichtig, dass bei solchen Schritten unabhängige Sozialpartner miteinbezogen werden», führt Pierre Derivaz vom Verband aus. «Es gilt, sicherzustellen, dass alle Möglichkeiten zum Stellenerhalt und zur Linderung der Konsequenzen geprüft worden sind.» Der Angestelltenverband wurde von einzelnen Novartis-Mitarbeitenden, die sich Sorgen wegen der Konsequenzen des Stellenabbaus machen, kontaktiert, wie Derivaz im Gespräch mit dieser Zeitung sagt.
«Es ist im Interesse der Novartis, auf eigenen Stärken aufzubauen, statt abzubauen», sagt Derivaz. «Wir haben gesehen, dass die Reaktion der Börse auf die Neuigkeiten auch nicht positiv war.» Der geplante Abbau habe entsprechend nicht die vom Konzern gewünschte Wirkung. Der Verband fordert, dass Novartis den Stellenabbau reflektiert und externe Sozialpartner beizieht.
Auch die Gewerkschaft Unia sagt dem Stellenabbau den Kampf an. Sie fordert von der Novartis «genügend Zeit für ein echtes Konsultationsverfahren», damit die Beschäftigten und ihre Vertretungen Vorschläge ausarbeiten können. Die Konsultation zum geplanten Stellenabbau soll erst nach den Sommerferien starten, verlangt die Unia. Die Ankündigung habe bei vielen Arbeitnehmenden grossen Frust ausgelöst, schreibt die Gewerkschaft in einer Mitteilung. «Der Entscheid scheint allein im Zeichen des Profits zu stehen, die Interessen der Beschäftigten spielen keine Rolle», lautet der Vorwurf.
Artikel der Basler Zeitung (30.6.2022)