Eine Tochterfirma des Schweizer Agrarchemie-Konzerns Syngenta, die Nutrade Commercial Exportadora Ltd., und die dazugehörige Marke Nucoffee, haben wiederholt Kaffee von brasilianischen Farmen verkauft, auf welchen sklavereiähnliche Arbeitsbedingungen herrschten.
Artikel der Koalition für Konzernvarntwortung (3.2.2024)
Brasilien ist der weltweit grösste Kaffeeproduzent und -exporteur. 46% der Kaffeebohnen aus Brasilien, werden im Bundesstaat Minas Gerais geerntet. Gemäss Schätzungen sind mehr als zwei Drittel der Arbeitskräfte auf den Kaffeefarmen in diesem Bundesstaat informell beschäftigt, wodurch sie keinen Anspruch auf einen Mindestlohn, Überstundenvergütungen oder Sozialleistungen haben. Immer wieder werden im brasilianischen Kaffeesektor Fälle von Zwangsarbeit und sklavereiähnlichen Zuständen aufgedeckt.
Handel mit Kaffee aus Farmen mit sklavereiähnlichen Arbeitsbedingungen
Auch der Schweizer Agrochemie-Konzern Syngenta ist im Handel mit brasilianischem Kaffee aktiv. Nutrade Comercial Exportadora Ltd. ist eine Tochterfirma der brasilianischen Syngenta Proteção de cultivos LTDA, die wiederum zu 100% der Syngenta AG mit Sitz in Basel gehört. Nutrade hat den Sitz im brasilianischen Sao Paolo und betreibt Gross- und Einzelhandel mit Nahrungsmitteln wie Getreide und Kaffee und mit Saatgut wie Mais, Weizen, Hafer, Gerste, Reis, trockene Bohnen und Soja.
Zudem ist Syngenta im Besitz der Marke Nucoffee mit Sitz in Sao Paolo. Nucoffee fungiert als Drehscheibe zwischen lokalen Kaffee-Produzent:innen und internationalen Käufer:innen und fokussiert sich dabei auf sogenannten «speciality coffee», also hochwertigen Spezialitätenkaffee. Dafür bezieht Nucoffee Kaffeebohnen von rund 4’000 Farmen und beliefert internationale Abnehmer:innen, wie die Schweizer Kaffeehändlerin Sucafina, die ihren Sitz in Genf hat. Dieser Kaffee wird über Nutrade exportiert.
Eine Recherche der Koalition für Konzernverantwortung in Zusammenarbeit mit dem Recherchekollektiv WAV zeigt nun sechs Fälle von Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit in Brasilien, die mit Syngentas Tochtergesellschaft Nutrade beziehungsweise der Marke Nucoffee in Verbindung stehen. Auf sechs Kaffeefarmen im Bundesstaat Minas Gerais wurden zwischen 2018 und 2022 Arbeiter:innen von den brasilianischen Behörden aus sklavereiähnlichen Arbeitsbedingungen befreit. Die Arbeiter:innen hatten zum Teil keinen Arbeitsvertrag, waren unterbezahlt oder erhielten ihren Lohn nicht regelmässig. Sie waren oft unter prekärsten Bedingungen untergebracht und hatten weder Zugang zu Trinkwasser noch zu Toiletten. Zum Teil fanden die Behörden auch minderjährige Arbeitskräfte vor. Gemäss verschiedenen Quellen bezog Nutrade beziehungsweise Nucoffee Kaffee von diesen Farmen.
Wie Handelsdaten von Nutrade zeigen, hat die Syngenta-Tochterfirma unter anderem den Genfer Konzern Sucafina – einer der grössten Kaffeehändler weltweit – mit Kaffee beliefert. Sucafina bezog, auch nachdem Arbeiter:innen auf Zulieferfarmen von Nutrade aus sklavereiähnlichen Arbeitsbedingungen gerettet worden waren, noch weiterhin Kaffee von Nutrade.
Sechs Farmen mit sklavereiähnlichen Arbeitsbedingungen, von denen Nutrade Kaffee kaufte
Mehr Informationen zu den Fällen unter Koalition für Konzernvarntwortung (3.2.2024)