Die Arbeitsbedingungen auf Indonesiens Palmölplantagen sind nicht nur hart, sondern illegal. Da hilft auch keine Zertifizierung.
Wenn von Palmöl die Rede ist, geht es meist um Landraub, Brandrodung und CO2-Bilanzen. Was oft vergessen geht, sind die Arbeitsbedingungen, unter denen es hergestellt wird. Im weltweit grössten Herstellerland Indonesien werden dabei grundlegende Menschenrechte verletzt. Auch die Palmöl-Zertifizierung bietet kaum Schutz.
Das stellte sowohl ein Report der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wie auch eine Untersuchung des «Rainforest Action Network» (RAN) bereits 2016 fest. Kinder- und Zwangsarbeit seien verbreitet, die Löhne unter dem gesetzlichen Minimum, der Arbeitsschutz nicht ausreichend, berichteten sie von Plantagen der Grosskonzerne Indofood und Wilmar, die direkt oder indirekt viele Nahrungs- und Kosmetikkonzerne beliefern.
Arbeiten für zwei
Auf vielen Plantagen arbeiten die Angestellten buchstäblich für zwei: während die Männer, die bis zu 30 Kilogramm schweren Fruchtstände von den Bäumen schneiden, sammeln Frauen und Kinder auf, was zu Boden fällt. Anders sind die Erntequoten nicht zu schaffen. Bezahlt werden sie dafür nicht. Die «Kernet Workers», wie sie in Indonesien heissen, arbeiten gratis mit.
Seit 2016 ist der weltweite Palmölbedarf stark gestiegen und wird nach Schätzungen weiter steigen. Auf den Indofood-Plantagen habe sich seither wenig geändert, berichtete RAN in einem Nachfolgereport Ende 2017. Seien es die Bezahlung, die unter den gesetzlichen Mindestlöhnen liegt und die Verwendung von giftigen Pestiziden ohne ausreichenden Schutz. Oder die «Kernet Workers», die dafür sorgen, dass ein Arbeiter die unrealistischen Zielvorgaben einhalten kann.
Warnschilder sollen es richten
Gegeben habe es allenfalls kosmetische Änderungen, stellte RAN fest. So stellen Indofood oder sein Tochterunternehmen IndoAgri seither Schilder auf, die die Arbeiter mahnen, keine Kinder auf die Plantagen mitzubringen. An der Ursache für die Kinderarbeit, den nicht machbaren Quoten, hat sich nichts geändert.
«Die Firma hat es verboten, Familie oder 'Kernet Workers' [inoffizielle Hilfsarbeiter] zur Arbeit mitzubringen», berichtet ein Arbeiter in einem Interview mit RAN. «Aber in der Realität passiert das weiter», versichert er. «Warum? Weil sie wissen, dass die Arbeiter die Quote alleine nicht erreichen können».
Ein Junge auf der indonesischen Insel Kalimantan (Borneo), der auf einer Plantage einen Palmfruchtstand transportiert. (Wakx auf Flickr/CC)
Von den Herstellern besonders in der Kritik steht Pepsico, aber auch andere Lebensmittelkonzerne sind auf Palmöl angewiesen: Auch Unilever, ColgatePalmolive, Kellogg’s, Nestle, Procter & Gamble und andere beziehen Palmöl aus Indonesien. Der günstige Rohstoff steckt in der Hälfte aller Supermarktprodukte wie Schokolade, Chips, Kosmetika oder Putzmitteln und sogar in Tierfutter.
Pepsico, immerhin, hat reagiert und die Geschäftsbeziehungen zu IndoAgri nach eigenen Angaben Anfang 2017 eingestellt. Mit dem Mutterkonzern Indofood, der zur Salim Gruppe gehört, betreibt es weiterhin ein Joint Venture.
Zertifikate sind unzureichend
Auch Palmöl, das ein Nachhaltigkeits-Zertifikat trägt, wird nicht unbedingt unter fairen Bedingungen hergestellt. Drei von fünf Plantagen, auf denen Amnesty International missbräuchliche Arbeitsbedingungen fand, waren RSPO-zertifiziert.
RSPO steht für «Roundtable on Sustainable Palm Oil». In diesem auf Initiative des WWF in 2004 gegründeten Gremium mit Sitz in Zürich sitzen Plantagenbetreiber, Abnehmer und Produzenten, die mit der Gewinnung und Verarbeitung von Palmöl zu tun haben, aber auch Banken und Versicherungen. Die RSPO-Richtlinien setzen neben nachhaltigen Produktionsabläufen auch die Einhaltung grundlegender sozialer Standards voraus.
Ungenügende Umsetzung der RSPO-Richtlinien
Allerdings würden die Richtlinien nur ungenügend umgesetzt, da Kontrollsysteme und Sanktionsmechanismen nicht greifen, kritisieren verschiedene Menschen- Umwelt- und Arbeitsrechtsorganisationen wie RAN, das internationale Forum für Arbeiterrechte ILRF oder die indonesische Arbeiterrechtsorganisation OPPUK. Der Schweizer Verein «Public Eye» nennt die Zertifizierung einen «Etikettenschwindel».
Artikel Infosperber (6.5.2018)