Die Novartis-Tochter Sandoz ist ins Visier der US-Justiz geraten. Wie am Wochenende bekannt wurde, führt der Generalstaatsanwalt William Tong aus Connecticut eine Koalition aus 44 US-Gliedstaaten an, die eine Klage gegen Teva Pharmaceuticals und 19 der grössten Generikahersteller eingereicht hat – darunter auch Sandoz. Ihr Vorwurf lautet Verschwörung. So hätten die Konzerne über Jahre hinweg Preise abgesprochen, um diese künstlich zu erhöhen und zu manipulieren. Sie hätten damit den Wettbewerb zu verringert und den Handel mit mehr als 100 verschiedenen Generika unangemessen eingeschränkt.
Artikel von der NZZ (13.5.2019)
Die Klage wurde beim U.S. District Court for the District of Connecticut eingereicht. Sie nennt zudem 15 einzelne leitende Angeklagte, die im Herzen der Verschwörung, für den Vertrieb, das Marketing, die Preisgestaltung und den Betrieb verantwortlich waren, heisst es in einer entsprechenden Pressemitteilung des Generalstaatsanwalts Tong.
«Die fraglichen Medikamente generieren mehrere Milliarden Dollar Umsatz in den USA. Die angeblichen Pläne führten zu erhöhten Preisen, die sich auf den Krankenversicherungsmarkt, von den Steuerzahlern finanzierte Gesundheitsprogramme wie Medicare und Medicaid und Einzelpersonen, die künstlich aufgeblähte Preise für ihre Rezepte zahlen müssen, auswirkten», heisst es in der Pressemitteilung weiter.
Sandoz unter den angeklagten Unternehmen
In mehr als 500 Seiten langen Anklageschrift wird auch Sandoz genannt. Gegenüber AWP bestätigt Novartis, dass «Sandoz in einem branchenweiten Rechtsstreit genannt wurde, an dem praktisch die gesamte generische Pharmaindustrie beteiligt ist.» Novartis glaube, dass die Vorwürfe unbegründet seien und werde diese «energisch» anfechten. Denn Sandoz nehme ihre kartellrechtlichen Verpflichtungen ernst.
Laut der Anklageschrift wird behauptet, dass Teva, Sandoz, Mylan, Pfizer und 16 andere Generikahersteller eine breit angelegte, koordinierte und systematische Kampagne durchgeführt haben, um sich zusammenzuschliessen, um Preise festzulegen, Märkte zuzuordnen und Angebote für mehr als 100 verschiedene Generika zu unterbreiten. In einigen Fällen haben die koordinierten Preiserhöhungen den Aussagen zufolge bei über 1000% gelegen.
Mit der Klage werden Schadenersatz, zivilrechtliche Strafen und Klagen des Gerichts zur Wiederherstellung des Wettbewerbs auf dem Generikamarkt geltend gemacht.
Artikel NZZ (13.5.2019)
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"(...) Deshalb wurden jüngst Spekulationen wach, Novartis könnte sich nach Alcon auch von Sandoz trennen und die in der Herstellung von Nachahmermedikamenten tätige Tochter an einen Rivalen verkaufen oder mit einem ebensolchen zusammenführen.
Die in den USA eingereichte Klage erschwert ein solches Vorhaben jedoch sichtlich. Hinzu kommen mögliche finanzielle Folgen. Im Bloomberg-Artikel ist von drohenden Bussen in Höhe von 2 Milliarden Dollar oder mehr die Rede. In hiesigen Analystenkreisen gibt man sich hingegen noch bedeckt. Die Frage sei aber nicht ob, sondern vielmehr in welchem Umfang die führenden Generikahersteller zur Kasse gebeten würden, so heisst es. Dabei wird auch vor zivilrechtlichen Folgen gewarnt."
"(...) Im Fokus der Untersuchung steht der israelische Hersteller Teva, der globale Markführer im Generikageschäft.
Die Ermittler sehen in Teva die treibende Kraft hinter den Preisabsprachen. Das Unternehmen soll die wichtigsten Konkurrenten – darunter Sandoz – ab 2013 systematisch kontaktiert haben, um Marktabsprachen einzufädeln.
Sandoz und die anderen Konzerne spielen dennoch keine Nebenrolle. Sie sollen auf eigene Faust – ohne Teva – untereinander Absprachen getroffen haben.
Hierzu ein Beispiel: Laut der Anklageschrift hat sich Sandoz mit mit US-Konkurrent Mylan über das Geschäft mit dem Blutdrucksenker Valsartan HCTZ (Diovan) verständigt. «Sandoz und Mylan (...) kamen überein, den Markt so aufzuteilen, dass jeder je etwa 50 Prozent Marktanteil erhielt.»
Sandoz spielt auch aus anderem Grund eine prominente Rolle im Verfahren. Angeklagt ist nicht nur Sandoz, sondern auch ein ehemaliger Vizepräsident des Unternehmens. Und drei ehemalige Mitarbeiter spielten den Ermittlern als «Whisteblower» Informationen zu. (...)"