Ein Vogelgrippe-Impfstoff des Pharmakonzerns Novartis wurde an Obdachlosen in Polen getestet. Dabei soll es Tote gegeben haben.
Grzegorz S.* war 48 und lebte vorübergehend im Obdachlosenheim der Stadt Grudziadz, drei Autostunden nordwestlich von Warschau. Anfang 2007 nahm ihn ein Mitbewohner in die unscheinbare Klinik des Ärzteehepaars S.* mit. Der Mitbewohner, ein Drogensüchtiger, kannte eine Krankenschwester der Klinik und wusste, dass man dort auf die Schnelle etwas Geld verdienen konnte. (...)
Was die Obdachlosen nicht wussten: Sie waren Teil des Medikamentenversuchs V87P4 von Novartis. Man spritzte ihnen die Substanz Fluad-H5N1, einen Impfstoff, der eine weltweite Verbreitung der Vogelgrippe verhindern sollte. Novartis Vaccines wollte den Stoff unter dem Namen Aflunov auf den Markt bringen und liess ihn deshalb in einer Phase-III-Multicenter-Doppelblindstudie an rund 4560 Personen testen – in Polen, Litauen und Tschechien.
Nun hat Grzegorz S. über den Zürcher Anwalt Philip Stolkin mit einem Schlichtungsbegehren eine Klage gegen Novartis eingeleitet. Er fordert eine Genugtuung von 50'000 Franken und mindestens 50'000 Franken aus dem mit Aflunov erzielten Gewinn. Um die Verjährungsfrist von zehn Jahren zu unterbrechen, hat Stolkin den Pharmakonzern zugleich auf fünf Millionen Franken betrieben.