Nestlé wird in Kalifornien (ein bisschen) der Hahn zugedreht

Im vergangenen Jahr pumpte Nestlé im Einzugsgebiet des San Bernardino National Forest 58 Millionen Gallonen (220 Millionen Liter) Wasser ab. Weit mehr, als die 2,3 Millionen Gallonen, auf die es gemäss dem 2020 überarbeiteten Gutachten Anspruch hätte. Am 23. April informierten die Behörden Nestlé, beziehungsweise dessen Nachfolger, per Brief von der Anordnung. Zwei Monate zuvor hatte Nestlé seine in den USA und Kanada ansässigen Wassermarken für 4,3 Milliarden Dollar an die Beteiligungsgesellschaften One Rock Capital Partners und Metropoulos verkauft.

Artikel vom Infosperber (20.5.2021)

«Nestlé Waters North America» ist mit den Marken «Poland Spring» und «Zephyrhills» in den ganzen USA bekannt. Das an der Westküste meistgetrunkene Flaschenwasser «Arrowhead» ist Quellwasser aus den kalifornischen Bergen.

Ausgerechnet, denn gerade in Kalifornien gibt es regelmässig schlimme Dürren. Ein Gutachten der Wasserbehörde stellte bereits 2017 fest, dass Nestlé dort trotz Dürre weit mehr Wasser entnimmt, als der Konzern darf. Im Wassereinzugsgebiet des San Bernardino National Forests hat die Wasserschutzbehörde Nestlé und ihren Nachfolgern nun untersagt, weiter so viel Wasser zu fördern.

«Während Einwohner bei Dürre den Verbrauch reduzierten, gab es für Nestlé keine Einschränkungen»

Michael O’Heaney, The Story of Stuff

Der Strawberry Creek, aus dessen Einzugsgebiet das Unternehmen Wasser entnimmt, ist ein Nebenfluss des Santa-Ana-Flusses, der etwa 750’000 Einwohner mit Trinkwasser versorgt. Das Wassereinzugsgebiet ist Lebensraum für viele Wildtierarten. Nestlés Wasserrechte gehen zurück bis 1865.

Das ist lange und es hat Folgen. Bei Dürre, wie sie beispielsweise im vorletzten Jahr herrschte, seien die Einwohner aufgefordert worden, ihren Wasserverbrauch deutlich zu reduzieren. Nestlé war davon nicht betroffen, erklärte Michael O’Heaney von der Umweltorganisation «The story of stuff» gegenüber der «Washington Post». Nach kalifornischem Recht kommt der älteste Rechte-Inhaber zuerst. Selbst dann, wenn Dürre herrscht, müssen sich andere zuerst einschränken.

Die Aktivistin Amanda Frye hat sich schon vor Jahren auf die Suche nach Nestlés alten Wasserrechten begeben und herausgefunden, dass der Anspruch des Konzerns nur einen Bruchteil des Wassers umfasst, das er jahrzehntelang gefördert hat. Ein Gutachten bestätigte das 2017. Laut Frye könne man die Auswirkungen auch sehen: Strawberry Creek sei über die Jahre merklich trockener geworden, erklärte sie gegenüber «Buzz Feed».

25-mal mehr Wasser als erlaubt

Im vergangenen Jahr pumpte Nestlé im Einzugsgebiet des San Bernardino National Forest 58 Millionen Gallonen (220 Millionen Liter) Wasser ab. Weit mehr, als die 2,3 Millionen Gallonen, auf die es gemäss dem 2020 überarbeiteten Gutachten Anspruch hätte.

Am 23. April  informierten die Behörden Nestlé, beziehungsweise dessen Nachfolger, per Brief von der Anordnung. Zwei Monate zuvor hatte Nestlé seine in den USA und Kanada ansässigen Wassermarken für 4,3 Milliarden Dollar an die Beteiligungsgesellschaften One Rock Capital Partners und Metropoulos verkauft.

«Nestlé Waters North America», das Unternehmen, das inzwischen «Blue Triton» heisst, will gegen die Anordnung Einspruch erheben. Die Einspruchsfrist ist am 16. Mai ausgelaufen.

Strafen von bis zu 10‘000 Dollar pro Tag

Wenn die Wasserbehörde des Bundesstaates Kalifornien die Unterlassungsverfügung gegen Blue Triton genehmigt, müssten Nestlé/Blue Triton mit Geldstrafen von bis zu 1000 US-Dollar pro Tag rechnen. Im Falle einer Dürre wäre es mit Strafen von bis zu 10‘000 US-Dollar pro Tag konfrontiert.

Nestlé wird seit längerer Zeit vorgeworfen, weltweit günstige bis sehr günstige Wasservorkommen auf Kosten der lokalen Bevölkerungen als Flaschenwasser zu vermarkten, welches ein Vielfaches dessen kostet, was Nestlé dafür bezahlt.

Im San Bernadino Park entrichtete das Unternehmen eine pauschale Gebühr von jährlich 2100 Dollar. Ein halber Liter «Arrowhead» in der Plastikflasche kostet etwa zwei Dollar. Ähnliche Konflikte gibt es auch in den US-Staaten Michigan, wo die Wasserkrise von Flint noch gut in Erinnerung ist, in Oregon, Pennsylvania und Maine. Arbeitsplätze seien dabei nicht mehr in jedem Fall ein Argument, beobachtete die «Washington Post» 2020 in Michigan.

Artikel vom Infosperber (20.5.2021)