Massenüberwachung der Uiguren: GfbV reicht Beschwerde gegen UBS ein

Die Schweizer Grossbank UBS steht in einer Geschäftsbeziehung zum chinesischen Konzern Hikvision, dem weltweit grössten Entwickler und Hersteller von Überwachungstechnologien. Dieser nimmt bei der Massenüberwachung von Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang (Ostturkestan) eine zentrale Rolle ein. Obwohl die verheerende Menschenrechtssituation der Uiguren seit Jahren bekannt ist und die Firma Hikvision seit Herbst 2019 auf einer schwarzen Liste der US-Regierung steht, hält die UBS gemäss Recherchen noch immer an ihrer Geschäftsbeziehung fest. Daher reicht die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) heute eine Beschwerde beim Schweizer Kontaktpunkt für die OECD-Leitsätze ein.

Medienmitteilung der GfbV (22.6.2020)

Der chinesische Technologiekonzern Hikvision nimmt bei der Massenüberwachung der uigurischen Bevölkerung in Xinjiang (Ostturkestan) eine zentrale Rolle ein. Recherchen von Branchenkennern belegen, dass Hikvision im Auftrag der Sicherheitsbehörden in der Region Xinjiang Massenüberwachungssysteme im Wert von fast 300 Millionen US-Dollar installiert hat und Technologien bereitstellt, die direkt in den uigurischen Zwangslagern Verwendung finden. Gemäss den im Herbst 2019 veröffentlichten China Cables  werden schätzungsweise über eine Million Uiguren in Zwangslagern festgehalten, die restliche Bevölkerung massiv kontrolliert. Trotz internationaler Kritik und US-Sanktionen hat sich Hikvision bislang nicht von seinem umstrittenen Geschäftsfeld distanziert. Im Gegenteil: So bewarb Hikvision gemäss Medienberichten noch 2019 eine Spezialkamera, welche die ethnische Zugehörigkeit von Zielpersonen mit einer Genauigkeit von 90 Prozent zu analysiert. Als Beispiel werden Uiguren erwähnt.

Trotz Menschenrechtskrise: UBS hält an Geschäftsbeziehung zu Hikvision fest

Gemäss Recherchen der GfbV steht die UBS seit 2016 in einer Geschäftsbeziehung zu Hikvision. Sie ist über Anlageprodukte und Dienstleistungen in den Konzern involviert und verwaltet zusätzlich als «Nominee-Shareholder» Aktienanteile für unbekannte Investoren. Obwohl die Menschenrechtskrise in Xinjiang (Ostturkestan) seit Mitte 2018 öffentlich bekannt ist und von der Uno und der Schweizer Regierung wiederholt kritisiert wurde, hatte die Bank Ende 2019 noch immer Produkte im Wert von 6,36 Millionen US-Dollar im Angebot. Über Anlageprodukte investierte die UBS weiterhin in den Konzern und stockte ihre Position im Februar 2020 auf. Obwohl die UBS für Kunden ein relativ geringes Aktienpaket verwaltet, wurde sie im Zeitraum 2016-2019 von Hikvision unter den zehn grössten Aktionären aufgeführt. Sie ist zudem die einzige ausländische Bank, die in dieser Zeitspanne in den Geschäftsberichten kontinuierlich aufgeführt wird.

Die UBS gehört zu den grössten ausländischen Banken in China und geniesst weltweit ein hohes Ansehen. Diese Involvierung und öffentliche Nennung der UBS verschaffte Hikvision über Jahre eine Legitimität, Glaubwürdigkeit sowie ein positives Klima für weitere Investoren und Anleger.

Verstoss gegen OECD-Leitsätze und Ethikkodex

«Angesichts der zentralen Rolle von Hikvision in der Massenüberwachung der uigurischen Bevölkerung in Xinjiang (Ostturkestan) hat die UBS aus Sicht der GfbV ihre Unternehmensverantwortung ungenügend wahrgenommen», sagt Angela Mattli, GfbV-Kampagnenleiterin. Trotz internationaler Kritik und auch anlässlich eines direkten Gesprächs mit der GfbV hat die UBS keine überzeugenden Schritte präsentiert, die belegen, dass sie im Fall Hikvision gemäss menschenrechtlicher Sorgfaltsprüfung gehandelt hat. «Aus diesem Grund ist die GfbV der Ansicht, dass die UBS weder die OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen noch ihren eigenen Verhaltens- und Ethikkodex eingehalten hat», so Angela Mattli. Gemäss Kodex muss die Bank dafür Sorge tragen, dass « mögliche negative Auswirkungen auf die Umwelt und auf die Menschenrechte erkannt, angegangen und eingedämmt werden. Dies umfasst auch soziale und ökologische Risiken, denen unsere Vermögenswerte oder diejenigen unserer Kunden ausgesetzt sind». Ebenso werde die UBS «den Anforderungen dieses Kodex jederzeit und ohne Ausnahmen gerecht». Dies ist aus Sicht der GfbV im Fall Hikvision nicht der Fall. Daher hat die GfbV heute eine Beschwerde beim Schweizer Kontaktpunkt (NKP) für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen eingereicht.

Die GfbV will mit ihrer Beschwerde erreichen:

  • dass sich die UBS aus allen Aktivitäten, Produkten und Dienstleistungen zurückzieht, welche mit Hikvision in Zusammenhang stehen.
  • dass die UBS im Rahmen ihrer Richtlinien künftig sicherstellt, dass sämtliche Aktiengeschäfte, Anlageprodukte und passive Investitionen einer menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung unterliegen. Dies bedeutet auch die Aufnahme von robusten Austiegsklauseln in Vereinbarungen, damit sich die Bank aus Geschäftsbeziehungen zurückziehen kann, die eine negative Auswirkung auf Menschenrechte haben.
  • dass die UBS Transparenz darüber schafft, wie sie mit Geschäftspartnern umgeht, die in Menschenrechtsverletzungen involviert sind.

Medienmitteilung der GfbV (22.6.2020)