Korruption bei Novartis: Unter Chef Jimenez wird der Pharmariese von Skandalen durchgeschüttelt

Mitarbeiter von Novartis sollen in Griechenland Beamte und Ärzte bestochen haben, das Justizministerium hat eine Untersuchung wegen Korruption eingeleitet. In den letzten sechs Jahren musste der Basler Pharmagigant 1,2 Milliarden an Bussen bezahlen. Ein Ende ist nicht in Sicht.

«Man muss drei Verteidigungslinien aufbauen, um schlechtes Verhalten zu unterbinden», erklärte Novartis-Chef Joe Jimenez dem englischen Portal «Financial News». Es gelte, die richtigen Mitarbeitenden zu finden, diese müssten richtig ausgebildet werden und drittens müsse man die Probleme sofort identifizieren und lösen.

Seit etwas mehr als sechs Jahren ist Jimenez CEO des Pharmagiganten. Und trotz des «sofortigen» Handelns ist Novartis immer wieder wegen Korruptionsvorwürfen in den Schlagzeilen. Mal lautet der Vorwurf Bestechung für die Zulassung eines Medikaments, dann sind es wieder Vergünstigungen an die Ärzte oder gleich beides, wie der jüngste Fall aus Griechenland zeigt. Der griechische Justitzminister Stavros Kontonis kündigte in Athen eine «schnelle und tiefgreifende» Untersuchung an.

Aktiv nach Informationen suchen

Auf Anfrage von barfi.ch erklärt Mediensprecher Satoshi Sugimoto: «Was Griechenland betrifft, so sind uns die Medienberichte über unsere Geschäftspraktiken in Griechenland bekannt und wir suchen aktiv nach weiteren Informationen. Wir kooperieren vollumfänglich mit den lokalen und ausländischen Behörden bezüglich ihren Anfragen.» Das klingt jetzt nicht nach «sofortigem Identifizieren» des Problems, wie es Chef Joe Jimenez forderte. Aber Jimenez ist skandalerprobt: Da waren etwa gefälschte Testresultate in Japan und die zu hohe Dosierung der Augentropfen.

Im Moment laufen gegen Novartis weltweit 22 Untersuchungen. Ende 2016 zahlte der Pharma-Multi in den USA 25 Millionen Dollar Busse an die amerikanische Börsenaufsicht SEC, da undurchsichtige Zahlungen an Ärzte in China bekannt geworden waren. Das sei allerdings ein freiwilliger Vergleich gewesen. Mit diesem Schachzug gelang es der Novartis, eine Untersuchung abzuwenden. In Japan war es gar schlimmer gekommen. Drei Tage lang war es der Pharmafirma «wegen unlauterer Geschäftspraktiken» verboten gewesen, ihre Produkte zu verkaufen.

Immerhin ist man am Hauptsitz in Basel überzeugt, dass die Vorwürfe aus der Türkei nicht zutreffen würden. Novartis soll dort dafür gesorgt haben, dass in den Spitälern exklusiv nur Novartis-Arzneien auf Rezept abgegeben würden. Das Ganze sei über eine Beratungsfirma gesteuert worden, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Firmensprecher Satoshi Sugimoto erklärt hierauf: «Zu Ihrer Frage bezüglich Türkei: Basierend auf gründlichen internen und externen Untersuchungen sind wir zum Schluss gekommen, dass alle öffentlich und anonym publizierten Anschuldigungen im Zusammenhang mit Novartis Türkei unbegründet sind. Uns ist nicht bekannt, dass momentan irgendeine staatliche Stelle diesbezügliche Ermittlungen anstellt. Für uns ist dieser Fall damit abgeschlossen.»

Trotz höchsten Standards immer wieder Ärger

Als vor rund zwanzig Jahren aus einer 30 Milliarden schweren Fusion zwischen Sandoz und Ciba-Geigy die Novartis entstanden war, hiess der Chef noch Daniel Vasella. Der Bündner Arzt betonte die medizinischen Verdienste der neuen Firma und peppte das Image von Novartis mit einer weltweiten Impfkampagne gegen Malaria auf. Nachfolger Jimenez fällt da mit einer härteren Rhetorik auf: Novartis müsse «aggressiver» am Markt auftreten, schneller reagieren. Diese Worte hört eine Armee von 35'000 Marketingmitarbeitern weltweit. Und offenbar scheuen diese nicht vor unsauberen Geschäftspraktiken zurück.

Auf die Frage von barfi.ch, ob es nicht auffällig sei, dass Novartis immer wieder unter Korruptionsverdacht stehe, also ob hier nicht ein Muster erkennbar sei, stellt Satoshi Sugimoto klar: «Die Charakterisierung, dass es bei Novartis ein systematisches Compliance-Problem geben könnte, ist falsch. Bei den von Ihnen aufgeführten Fällen handelt es sich um separate, isolierte und individuelle Anschuldigungen.  Dennoch nehmen wir diese Anschuldigungen äusserst ernst und arbeiten daran, alle Fakten in jedem dieser Fälle zu eruieren.»

Gerade die Häufung deutet aber auf ein Muster hin. In der Arä Jimenez musste Novartis seit 2010 rund 1,2 Milliarden Dollar an Bussen bezahlen. Satoshi Sugimoto hält dagegen: «Novartis ist den höchsten Standards der ethischen Geschäftsführung und der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften in allen Aspekten ihrer Arbeit verpflichtet und nimmt jede Anschuldigung von Fehlverhalten äusserst ernst.» Nach den jüngsten Korruptionsvorwürfen ist aber klar: CEO Jimenez muss auf jeden Fall über die Bücher, was seine drei Verteidigungslinien angeht.

Artikel barfi.ch (12.1.2017)

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