Klima​-​Aktivist*innen blockieren Credit Suisse und UBS

Der Finanzplatz Schweiz emittiert das 20fache der Treibhausgasemissionen der ganzen Schweiz. Credit Suisse und UBS zusammen haben zwischen 2016 und 2018 allein durch Finanzierungen von Projekten und Unternehmungen im Bereich fossile Brennstoffe 83.3 Mrd. USD unmittelbar in die Befeuerung der Klimaerhitzung gesteckt. Als Protest dagegen blockierten am 8. Juli 2019 Aktivist*innen des Collective Climate Justice Filialen der UBS und Credit Suisse in Basel bzw. in Zürich. MultiWatch unterstützt die verschiedenen Aktionen.

Credit Suisse und UBS sind beispielsweise an der Rodung des Hambacher Waldes und dem gigantischen Kohleabbau vor Ort beteiligt. Weiter investiert die Credit Suisse in Fracking-Projekte in West Texas. Obwohl die Schweiz das Pariser Klimaabkommen ratifiziert hat und der Sonderbericht des IPCC auf die Einhaltung von 1.5 Grad drängt, rasen wir aufgrund der Investitionen des Schweizer Finanzplatzes in die globalen Finanzmärkte auf eine Erderwärmung von 4 – 6 Grad zu.

Blockade-Aktionen an den Filialen der UBS und Credit Suisse

Als Teil der internationalen Klimabewegung hat das Collective Climate Justice mit dem Hauptsitz der Credit Suisse am Zürcher Paradeplatz und dem Hauptsitz der UBS in der Aeschenvorstadt in Basel aktuell zwei wichtige Standorte des Schweizer Finanzplatzes blockiert. Hunderte Menschen blockieren derzeit mit ihren Körpern die Zugänge zu den Hauptsitzen der beiden Grossbanken und zeigen, was sie wollen: den Investoren der Klimakatastrophe, namentlich Credit Suisse und UBS, den Geldhahn zudrehen! Die Aktion wurde an diesen Orten durchgeführt, weil hier die CO2-Schleudern der Schweiz sitzen. Credit Suisse und UBS sind die Hauptverantwortlichen des Schweizer Finanzplatzes für die weltweite Klimakatastrophe. Zwar wird hier kein Öl gefördert und keine Kohle verbrannt, aber von hier aus werden derartige Projekte finanziert und dadurch erst möglich gemacht.

Forderungen des Collective Climate Justice

Das Collective Climate Justice fordert mit den Blockade-Aktionen:

  • dass der Finanzplatz Schweiz sich mit sofortiger Wirkung an die Forderungen des Pariser Klimaabkommens hält. Das bedeutet insbesondere einen raschen und kompletten Ausstieg aus Kohle, Öl, Gas.
  • Weiter fordern wir Klimagerechtigkeit: Der Prozess hin zu einer Gesellschaft frei von fossiler Energie muss von uns allen gemeinsam erkämpft werden und gleiche soziale und wirtschaftliche Absicherungen für alle garantieren. Weder im globalen Süden noch innerhalb unserer Gesellschaft dürfen Menschen benachteiligt werden.
  • Um das zu erreichen, braucht es ein basisdemokratisch aufgebautes politisches und wirtschaftliches System, das auf die Bedürfnisse und das Wohlergehen aller Menschen ausgerichtet ist.

Gewaltsame Räumung der Blockaden

Das Collective Climate Justice schreibt in ihrer Medienmitteilung, dass nach wenigen Stunden die zahlreichen Blockaden beim Credit Suisse Hauptsitz am Paradeplatz Zürich wie auch beim Hauptsitz der UBS in der Aeschenvorstadt in Basel geräumt wurden. Damit wurden die umweltzerstörenden Interessen der Credit Suisse und der UBS aktiv geschützt und der friedliche Protest für eine fossilfreie, klimagerechte Zukunft verhindert. Es wurden fast 100 Aktivist*innen vorläufig festgenommen. Das Collective Climate Justice ist schockiert über das Vorgehen der beiden Banken, der Polizei und der örtlichen Politik. „Wie kann es sein, dass Städte, die den Klimanotstand ausriefen, friedliche Klimaschützer*innen mit einem polizeilichen Grossaufgebot zum Schweigen bringen“, sagt Frida Kohlmann, Pressesprecherin von Collective Climate Justice.

Polizeigewalt gegen Klimaaktivist*innen

In Basel erhielten die Aktivist*innen um 14 Uhr von der Polizei die Nachricht, dass die UBS Anklage erhebt und die Blockade freiwillig zu verlassen sei. Knappe fünfzehn Minuten später kesselte die Polizei die Aktivist*innen ein und begann mit der Räumung. Brisant daran: während am Aeschenplatz das Bild einer friedlichen Räumung aufrechterhalten wurde, sperrte die Polizei die Gartenstrasse ab und startete bei der Blockade der UBS-Tiefgarage fernab von kritischen Augen eine unverhältnismässige und gewaltsame Räumungsaktion.

Das hier verlinkte Video zeigt, mit welcher Polizeigewalt in Basel gegen die friedlichen Klimaschützer*innen vorgegangen wurde. Es wurden wiederholt Schmerzgriffe angewendet und die Aktivist*innen wurden mehrfach verbal beleidigt und eingeschüchtert. Eine junge Frau, die kooperierte und ihre ID vorzeigte, wurde gewaltsam zu Boden gedrückt, gefesselt und verhaftet, weil sie ohne richterlichen Bescheid nicht bereit war, vor Ort einer erkennungsdienstlichen Massnahme zuzustimmen. Frauen* wurde das Recht verweigert, sich von weiblichen Polizistinnen* abtasten zu lassen. Es kam dabei laut Berichten der Betroffenen wiederholt zu unangemessenen Berührungen.

Grobe Missachtung der Pressefreiheit

Während der Räumung war die Polizei stets darum bemüht, zu verhindern, dass ihr brutales Vorgehen dokumentiert werden konnte. Den filmenden Personen wurden wiederholt ihre Kameras aus den Händen gerissen. Eine filmende Person wurde gewürgt und anschliessend verhaftet. Die Menschen, die sicherstellen wollten, dass keine Polizeigewalt angewendet wird, wurden grob weggeschoben und auf Distanz gehalten. Auch Pressevertreter*innen wurden nicht durchgelassen, wie aus einem Bericht von Telebasel ersichtlich wird. Dieses Vorgehen der Basler Polizei ist inakzeptabel und klar als Missachtung der Pressefreiheit einzustufen.

Solidaritätsaktionen in Basel und Zürich

In beiden Städten fanden am gleichen Abend und an den folgenden Tagen spontane Solidaritätsdemonstrationen zu den Gefängnissen statt. In Basel wurde gar am 9. Juli 2019 die Blockade-Aktion mit Menschenketten am Bankverein bei den Filialen der UBS und der Credit Suisse weitergeführt - mit Erfolg: Die Filialen wurden den ganzen Nachmittag geschlossen.

Willkürliche und unverhältnismässige Bestrafung von Klimaschützer*innen

Rund 100 Aktivist*innen wurden nach der Aktion fast 48 Stunden festgehalten, ein Aktivist ist immer noch inhaftiert. Die ausgestellten Strafbefehle zeigen, mit welcher Wucht gegen die friedlichen Klimaschützer*innen vorgegangen wird. Sämtliche Aktivist*innen in Zürich erhielten einen Strafbefehl wegen Nötigung, einigen wird zusätzlich Hausfriedensbruch vorgeworfen. Unabhängig von der Beschuldigung, beträgt das Strafmass für alle 60 Tagessätze à 30 Chf. Noch unverhältnismässiger reagierte die Staatsanwaltschaft in Basel-Stadt. Dort wird allen Aktivist*innen zusätzlich Landfriedensbruch und Sachbeschädigung (wegen Kohlemalereien) vorgeworfen. Bei vielen kommt noch Diensterschwerung und bei wenigen Hinderung einer Amtshandlung hinzu. Das Strafmass fällt in Basel mit Freiheitsstrafen von 150 bis 170 Tagen und von bis zu 180 Tagessätzen à 50 Chf massiv höher aus als in Zürich. Nicht-schweizerische Aktivist*innen wurden mit Aufenthaltssperren für die Schweiz von bis zu drei Jahren belegt. Die Basler Staatsanwaltschaft begründete dies mit Verweis auf die Gefährdung der internationalen Beziehungen der Schweiz.

Zahlreiche schockierende Vorfälle in Basel und Zürich gegenüber Klimaaktivist*innen im Gewahrsam

Polizist*innen haben sich während der Räumung und im anschliessenden Gewahrsam zahlreiche Verhaltensweisen erlaubt, welche rechtlich mindestens fragwürdig sind und von einer tiefen Verachtung gegenüber den verhafteten Personen zeugen. Das Collective Climate Justice hat aus persönlichen Gesprächen mit Betroffenen eine Liste mit erlebten Vorfällen zusammengestellt. Die vollständige Liste kann hier eingesehen werden.

Die Vorfälle sind facettenreich und bereits an sich, aber besonders auch in ihrer Anhäufung, schockierend. Nebst zahlreichen Beleidigungen ("Mannsweib", "Stück Scheisse", "Fotze") wurden die Aktivist*innen schikaniert, in dem sie sich beispielsweise dreimal nackt ausziehen und abtasten lassen mussten; grundlegende Rechte wie etwa jenes auf einen Rechtsbeistand (Artikel 129.1 Schweizerische Strafprozessordnung) wurden missachtet; lebensnotwendige Güter wurden verweigert (Wasser, Medikamente, Hygieneartikel, an gesundheitliche Vorbedingungen angepasste Nahrung). Einige Vorfälle grenzten gar an Folter, so z.B. der Entzug von Decken und Matratzen in der Nacht bei durchgängig greller Beleuchtung der Zellen.

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