Malaysias Staudamm-Programm im Regenwald von Borneo sorgt seit Wochen für heftige Proteste. Am Megaprojekt ist auch eine Schweizer Firma beteiligt: das Energietechnik-Unternehmen ABB.
Die schweizerisch-schwedische ABB beteiligt sich in Malaysia an einem konfliktträchtigen Staudamm-Programm mit massiven ökologischen und sozialen Auswirkungen. Bereits seit längerem sorgt die kritische Menschenrechtssituation am Murum-Staudamm für Aufruhr, doch in den letzten Wochen hat sich der Konflikt weiter verschärft und auf den geplanten Baram-Staudamm ausgedehnt.
Die ABB verstärkt seit 2009 kontinuierlich ihre Aktivitäten im malaysischen Bundesstaat Sarawak, der im Moment eine Serie von zwölf Mega-Staudämmen realisiert: mehr als 1600km2 Regenwald würden überflutet werden und Zehntausende von Indigenen vertrieben. ABB-Geschäftspartner Sarawak Energy, der malaysische Staudammentwickler, verletzt systematisch die Rechte der betroffenen Indigenen. Sehr akut ist die Lage am Murum-Staudamm, für welchen die ABB die Turbinen-Steuerung und andere technische Elemente liefert.
Die vom Murum-Staudamm betroffenen Indigenen, grösstenteils Penan, haben genug von den leeren Versprechungen und der Missachtung ihrer Rechte. Seit Mitte September blockieren sie die Bauarbeiten am fast fertig gestellten Staudamm, der 1500 von ihnen vertreiben und 250km2 Regenwald überfluten wird. Sie verlangen faire Entschädigungszahlungen und Zugang zu genügend Land.
Bereits vor einem Jahr blockierten Penan während Wochen die Bauarbeiten am Staudamm. Die darauffolgenden Verhandlungen mit der Regierung und Sarawak Energy scheiterten. Am 21. September veranlasste Sarawak Energy die Flutung des Reservoirs ohne die Penan darüber in Kenntnis zu setzen. Dies ist nur die letzte in einer ganzen Reihe von Verfehlung: So wurden Konsultationen und eine Umweltverträglichkeitsstudie erst nach dem Baubeginn durchgeführt. Von den Bedingungen ihrer Umsiedlung erfuhren die Penan vor einem Jahr dank einer durchgesickerten Kopie des Umsiedlungsplans – offiziell wurde das Dokument erst diesen Mai herausgegeben, nicht einmal einen Monat vor dem offiziellen Termin für den Beginn der Umsiedlung.
Die Penan wollen die Blockade erst auflösen, wenn die Regierung und Sarawak Energy auf ihre Forderungen eingehen. Bisher liessen sich Sarawak Energy und die Regierung aber nicht auf Verhandlungen ein. Im Gegenteil, die Polizei entsandte eine Spezialeinheit, um die friedlichen Proteste aufzulösen. Die Polizei versucht, die Protestierenden einzuschüchtern. Bei der Verhaftung des Protestanführers Ngang Buling schoss die Polizei auch in die Luft. Die Polizei plant weitere 40 Festnahmen. Die Penan haben ihrerseits Anzeige gegen Sarawak Energy erstattet.
Vorletzte Woche errichteten überraschend auch Ureinwohner aus dem Baram-Bezirk zwei Blockaden gegen einen geplanten Mega-Staudamm. Über 200 Indigene verlangen von Sarawak Energy ultimativ einen Rückzug der Baumaschinen aus dem Baram-Bezirk.
Auf der Webseite von ABB Malaysia wird Sarawak Energy als „Major Customer“ bezeichnet. ABB Malaysia-Chef Stephen Pearce posiert auf Facebook mit Taib Mahmud, dem Potentaten von Sarawak, der seit 1981 ununterbrochen Regierungschef ist.
Die ABB führte bereits in den 1990er Jahren ein internationales Konsortium zum Bau des umstrittenen Bakun-Staudammes in Sarawak an, zog sich dann aber aus dem Projekt zurück. Transparency International betitelte den Bakun-Staudamm, einer der grössten Staudämme Asiens, als ein „Monument der Korruption“.
Die Zusammenarbeit mit Sarawak Energy könnte sich für die ABB zu einem Bumerang entwickeln. Internationale Konzerne wie Rio Tinto, Norsk Hydro und Hydro Tasmania haben sich nach eingehenden Analysen der Menschenrechtssituation, der Wirtschaftlichkeit und der Risiken der rechtlichen Verfolgung bereits aus Sarawak zurückgezogen.
In einem Brief vom August forderte der Bruno Manser Fonds von ABB eine Stellungnahme zu ihren Aktivitäten und der Menschenrechtslage in Sarawak. ABB ging bisher aber nicht auf die Fragen der Umweltorganisation ein. Der Bruno Manser Fonds verlangt von ABB einen Rückzug aus den Staudamm-Projekten in Sarawak.