Die beiden Schweizer Grossbanken wollen sich je länger, je mehr als führende Anbieter von nachhaltigen Anlagen positionieren. Für Kritiker passt da gar nicht ins Bild, dass die beiden Institute Unternehmen finanzieren, die ihr Geld mit Kohle verdienen.
Artikel von der NZZ (4.4.2019)
Banken wie die Credit Suisse und die UBS stecken mit der Kohleförderung in der Zwickmühle. (Bild: Arnd Wiegmann / Reuters)
In Unternehmen kommt man sich gegenseitig immer wieder in die Quere. Wo Kapital knapp ist, müssen Prioritäten gesetzt werden, was für manche gute Idee das Aus bedeutet. Wo zwei allzu ähnliche Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden, droht die gegenseitige Kannibalisierung, so dass am Schluss keines der beiden Angebote zu einem Kassenschlager wird. Aber auch wenn Aktivitäten im gegenseitigen Widerspruch stehen, kann das intern zu Interessenkonflikten führen und extern zu Kritik.
In solch einer Situation befinden sich mit anderen Mitbewerbern auch die Credit Suisse und die UBS. Auf der einen Seite bieten sie ihren Kunden eine immer grössere Palette an nachhaltigen Anlagen an. Bei diesen Produkten achten die Anbieter meist auf eine hohe Umweltverträglichkeit. Teilweise schliessen sie sogar die Titel von Firmen aus, die ihr Geld mit der Förderung von Kohle – die als einer der grössten «Klimakiller» gilt – oder der Energiegewinnung daraus verdienen. Auf der anderen Seite finanzieren die Schweizer Grossbanken genau solche Aktivitäten.
Für die Aktionäre mag das auf kurze Sicht von Vorteil sein, denn mit beiden Geschäften können die Banken Geld verdienen. Allerdings ruft die Unterstützung der Kohleindustrie zahlreiche Kritiker wie dieser Tage Greenpeace auf den Plan, die von den Banken mehr Konsequenz in Sachen Klimaschutz fordern. Nun könnte man zur Verteidigung der Branche anbringen, dass sie nicht zu den grossen Abnehmern von Kohle zählt oder von Energie, die aus dieser stammt. Ihre Mitglieder haben auch keinen Einfluss auf das Verhalten der Nachfrager.
Allerdings fordert man von ihnen, an der dringend notwendigen Transition hin zu einer CO2-armen Welt mitzuwirken. Statt sich nämlich auf griffige Rahmenbedingungen zu einigen, die für eine möglichst schnell schwindende Nachfrage nach Kohle und anderen fossilen Brennstoffen sorgen, haben die Politiker 2015 in Paris beschlossen, dass die Finanzflüsse mit den Klimazielen in Einklang zu bringen sind.
Die Hoffnung dahinter ist, die Finanzierung von klimaschädlichen Aktivitäten werde sich spürbar verteuern und jene von zukunftsträchtigen sich entsprechend vergünstigen. Wenn schon zunehmend von Pensionskassen erwartet wird, die CO2-Intensität ihrer Geldanlagen zu reduzieren, sollte das umso mehr für die Finanzierung von Unternehmen gelten, deren Geschäft auf fossilen Brennstoffen fusst.
Nun könnte man etlichen Instituten zugutehalten, dass sie ihre Richtlinien für solche Finanzierungen verschärft haben. Zu diesen Häusern zählen auch die beiden Schweizer Banken. Die UBS verzichtet inzwischen unter anderem auf die Finanzierung von Firmen, die Bergbau mit der besonders umweltschädlichen Gipfelabsprengung (Mountaintop-Removal) betreiben.
Die Kritiker werden aber nicht lockerlassen. Zwar kommt es der lokalen Flora, Fauna und Wasserqualität zugute, wenn tatsächlich weniger Mountaintop-Removal betrieben wird. Für die Erderwärmung ist es jedoch entscheidend, ob Kohle verbrannt wird, und nicht, wie sie gefördert wurde.
Und auch wenn die energiehungrige Menschheit mangels Alternativen noch eine Weile auf Kohle angewiesen ist, dürfte es für manchen Kunden schwer verständlich sein, wie ein Anbieter von nachhaltigen Anlagen gleichzeitig Kohleförderung finanzieren kann, auch wenn er in diesem Geschäft striktere Regeln anlegt als andere.
Banken wie die Credit Suisse und die UBS stecken damit in der Zwickmühle. Je mehr sie das Geschäft mit nachhaltigen Anlagen forcieren und sich als Wegbereiter einer besseren Welt positionieren, umso zahlreicher und lauter dürften die Stimmen werden, die sich an dem genannten Konflikt stossen.
Artikel NZZ (4.4.2019)