Syngenta nutzt Hungerkrise für ihre Propaganda und greift die Biolandwirtschaft an

Laut Syngenta-CEO Erik Fyrwald ist der Konsum von Bioprodukten schuld am Hunger in Afrika. Mit dieser Propaganda greift Syngenta die Biolandwirtschaft direkt an um die Kritik an Pestiziden zu schwächen und die wahren Ursachen von Hunger zu verschweigen.

 

Bereits der ehemalige CEO von Syngenta, Mike Mack, erklärte in einem Interview: «Ich habe auch meiner Frau gesagt, dass ich bei uns zu Hause keine Biolebensmittel will. Sie schmecken nicht besser und sind viel teurer (…)» (siehe Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.7.2011). Der aktuelle CEO, Erik Fyrwald, steht dem in nichts nach und griff bereits in früheren Interviews die Biolandwirtschaft an (siehe beispielsweise Luzerner Zeitung, 11.5.2017). In der NZZ am Sonntag vom 8.5.2022 legte er in der Propaganda gegen die Biolandwirtschaft einen Zahn zu: «Die Erträge im Biolandbau können je nach Produkt um bis zu 50 Prozent tiefer ausfallen. Die indirekte Folge ist, dass Menschen in Afrika hungern, weil wir immer mehr Bioprodukte essen.» Der CEO von Syngenta nutzt die sich aufgrund des Krieges in Ukraine weiter zuspitzende Hungerkrise, um seine Propaganda zu verbreiten.

 

Wirkliche Massnahme gegen die Hungerkrise

Public Eye (12.5.2022) nennt mit Bezugnahme auf Expert:innen mehrere Gründe für die seit 2016 zunehmende Hungerkrise, darunter auch politische Versäumnisse. Nach der letzten Lebensmittelpreiskrise, welche auf die Finanzkrise von 2008 folgte, haben die Regierungen verschiedene Massnahmen versprochen:

  • Der Lebensmittelspekulation Einhalt gebieten
  • Stärkung der kleinbäuerlichen Lebensmittelproduktion
  • Verringerung der Rohstoffabhängigkeit in der Landwirtschaft
  • Senkung der Verschuldung der Bäuer:innen
  • An- und Offenlegung der Getreidereserven

Diese Massnahmen wurden jedoch nie umgesetzt – vor allem wegen der Lobbyarbeit der Konzerne. Hier müssten die Regierungen wieder ansetzen – und auf keinen Fall wie von Erik Fyrwald gefordert die Förderung der Biolandwirtschaft stoppen. Auch Hans Rudolf Herren, Agrarexperte und Gründer der Stiftung Biovision, bestätigt dies: Es gebe «überhaupt keinen Zusammenhang zwischen dem Hunger in Afrika und dem Schweizer Biokonsum».

 

Industrielle Landwirtschaft ist Teil des Problems

Zwar erzielt die chemieintensive industrielle Landwirtschaft aus kurzfristiger Sicht hohe Erträge, verursacht jedoch gravierende Gesundheits- und Umweltprobleme und schädigt die Bodenfruchtbarkeit langfristig. Ausserdem gefährdet sie die Ernährungssouveränität. Der Äthiopier Million Belay, Gründer der Allianz für Ernährungssouveränität in Afrika (AFSA), erklärt den Zusammenhang folgendermassen (siehe Public Eye, 12.5.2022):

«Die Landwirt:innen in Afrika stehen vor einer Ernährungskrise, weil sie von Düngemitteln auf der Basis fossiler Brennstoffe abhängig sind, deren Preise um 400% in die Höhe geschnellt sind. Zusammen mit der Klimakrise führt dies zu einer noch nie da gewesenen sozialen Krise.»

Auch aus diesem Grund müssen unabhängigere agrarökologische Produktionsformen, welche die Böden schonen und Bestäuber schützen, gefördert werden – und nicht die chemieintensive industrielle Landwirtschaft von Erik Fyrwald. Zudem zeigen Studien, dass biologische Produktion langfristig auch zu höheren Erträgen führen kann als industrielle Monokulturen (siehe Blick, 11.5.2022).

Profite aus der der kapitalistischen Fehlentwicklung der Weltlandwirtschaft

Die Förderung von agrarökologischer Landwirtschaft ist ein Schritt in die richtige Richtung. Und Erik Fyrwald will in die andere Richtung, denn: Syngenta lebt von der kapitalistischen Fehlentwicklung der Weltlandwirtschaft. Ihre gentechnisch veränderten Soja- und Maissorten und ihre Pestizide ermöglichen die industrielle Landwirtschaft mit den für die Biodiversität tödlichen Monokulturen. Die Exportlandwirtschaft Brasiliens, Argentiniens und der USA, von der Syngenta lebt und die sie ermöglicht, produziert Tierfutter und Bioethanol, eine Verschwendung von fruchtbarem Land. Zynischerweise erhebt Erik Fyrwald genau diesen Vorwurf nun gegen die Biolandwirtschaft. Die Agronomin und MultiWatch-Aktivistin erläutert den Zusammenhang folgendermassen (siehe Blick, 20.9.2021):

«Die Agrarfirmen können noch so lange mit Zahlen um sich schmeissen. Fakt ist: In den letzten 50 Jahren wurde weltweit eine Fläche fast so gross wie Indien mit nur vier Monokulturpflanzen angebaut: Soja, Palmöl, Raps und Zuckerrohr. Alle vier dienen primär als Futtermittel oder Agrartreibstoff, nicht der Ernährung von Menschen.»

Kampagne der Agrochemiekonzerne zum Schutz ihrer Profite

Syngenta belässt es nicht bei der Verbreitung seiner Propaganda via bürgerliche Medien, sondern versuchte lange vor dem Ukraine-Krieg die Agrarreform auf EU-Ebene zu torpedieren (siehe Corporate Europe Observatory, 17.3.2022). Ziel dieser Kampagne von Syngenta & Co.: Verhinderung von verbindlichen Zielen für die Reduzierung von Pestiziden. Erik Fyrwald betont zwar, es liesse sich mit Bio-Produkte hohe Gewinne erzielen, jedoch ist der biologische Pflanzenschutz (1,8% des Gesamtumsatzes im Jahr 2021) bei Syngenta gegenüber dem Geschäftsfeld der Pestizide (78% des Umsatzes; 13 Milliarden US-Dollar) verschwindend gering (siehe Public Eye, 12.5.2022).

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