Indien ist einer der Wachstumsmärkte für LafargeHolcim. Ambuja Cements Limited ist das grösste Zementunternehmen Indiens und das zweitgrösste weltweit. Mittlerweile ist LafargeHolcim mit über 60% der Aktien beteiligt.
Im Werk des LafargeHolcim-Subunternehmens Ambuja im Distrikt Baloda Bazar im Bundesstaat Chhattisgarh reagiert das Unternehmen mit Repression, Druck und Kriminalisierung auf die gewerkschaftliche Organisierung der Leiharbeiter. Erst seit 2010, als sich die Leiharbeiter*innen in der Gewerkschaft PCSS (Pragatisheel Cement Shramik Sangh) organisieren, erhalten diese den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn. Zuvor waren ihnen von den mageren Löhnen sogar die Kosten für Stiefel und Schutzbrillen abgezogen worden.
In der Folge reicht die Unternehmensleitung Klagen gegen Gewerkschaftsaktivist*innen ein und verlangt, dass die Behörden in Betriebsnähe Versammlungsverbote erlassen sollen. Es folgen Aussperrungen und Verleumdungen gegen die Gewerkschaft der Leiharbeiter*innen PCSS durch das Unternehmen. Der Konflikt spitzt sich 2011 weiter zu, als Sicherheitsleute von Ambuja-Holcim konstruierte Anzeigen gegen mehrere Gewerkschafter einreichen. Bhagwati Sahu, PCSS-Organisator, sitzt als Konsequenz 18 Monate im Gefängnis, sechs weitere Gewerkschafter werden ebenfalls für mehrere Monate eingesperrt. Mit diesen Angriffen wird die Gewerkschaft PCSS in diesem Zementwerk zerschlagen. Einschüchterungen gehen bis heute weiter. Arbeiter*innen, die mit Vertretern der PCSS gesehen werden, droht das Unternehmen mit der Entlassung.
2013 wird der Übersetzer einer Schweizer Fotografin von Ambuja-Holcim-Sicherheitsleuten verprügelt, während sie aus der Distanz Fotos vom Zementwerk schiesst. Als der Übersetzer eine Anzeige einreicht, wird gegen ihn eine falsche Gegenanzeige eingereicht.
Langjährige Konflikte bestehen auch mit Bauern und Bäuerinnen, deren Land bereits vor Jahren enteignet wurde, die aber bis heute weder eine Entschädigung noch Festanstellungen im Zementwerk erhalten haben.
OECD-Klage in der Schweiz
Im Januar 2012 reicht die Gewerkschaft der Leiharbeiter*innen PCSS beim Nationalen Kontaktpunkt in der Schweiz für die OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmen eine Beschwerde gegen Holcim ein. Dieser Kontaktpunkt ist in der Schweiz im Staatssekretariat für Wirtschaft seco angesiedelt. In der Beschwerde beklagt die Gewerkschaft PCSS insbesondere die Verletzung von Gewerkschaftsrechten durch Holcims Subunternehmen ACC und Ambuja. Das OECD-Verfahren wird im Dezember 2014 mit einer Erklärung abgeschlossen.
Zunächst scheint das OECD-Verfahren insofern einen positiven Effekt zu zeigen, als 2015 auf lokaler Ebene zwischen PCSS und dem Management ein Dialog entsteht. Die Arbeiter*innen beklagen sich jedoch weiterhin über die prekären Arbeitsbedingungen, immer wieder kommt es zu Unfällen. Bereits 2013 sterben 5 Angestellte, als der Flugaschentrichter kollabiert und durch vier Stockwerke durchbricht. Am 17. September 2017 sterben zwei Temporärangestellte bei Reparaturarbeiten in der Steinmühle, als sich diese plötzlich in Gang setzt. Die Arbeiter*innen von LafargeHolcim verlangen ein globales Rahmenabkommen, das u.a. den Arbeiter*innenschutz regelt. Ende 2017 informiert LafargeHolcim die Arbeiter*innen, dass die für den 10. Januar 2018 vereinbarte Unterzeichnung des Rahmenabkommens nicht stattfindet. Die neue Unternehmensleitung habe die Notwendigkeit nochmals geprüft und sich dagegen entschieden.