Novartis und das Millionengeschäft mit Gentherapien

Mit den Gentherapien Zolgensma und Kymriah macht Novartis ein Millionengeschäft. Zolgensma gilt mit einem Listenpreis von mehr als 2 Millionen Dollar für eine Einmalbehandlung als teuerstes Medikament der Welt. Die beiden Gentherapien sollen jedoch nur den Anfang darstellen: Mit zusätzlichen Gentherapien verspricht sich der Konzern weitere Profite.

Gentherapien zielen darauf ab, Krankheiten zu heilen, indem die fehlende oder defekte Version eines Gens in den Zellen eines Patienten durch ein intaktes Gen ersetzt wird. Mit der Gentherapie Zolgensma kann der Muskelschwund bei der spinalen Muskelatrophie (SMA) gebremst werden. Da es sich um eine tödliche Muskelkrankheit bei Kindern handelt, sind betroffene Menschen auf das Medikament zwingend angewiesen (siehe auch unter Spiegel, 2.2.2020 die äusserst umstrittene Verlosungsaktion von Novartis). Auch Kymriah richtet sich an Patient:innen, welche in der Therapie ihre letzte Hoffnung sehen. Diese Gentherapie kommt bei der akuten lymphatischen Leukämie (ALL), einer eher seltenen Form von Blutkrebs, die vor allem in jungen Jahren auftritt, zum Einsatz. Kymriah ist dabei der Fallschirm, wenn alle Standardtherapien versagen (siehe auch unter SRF, 5.10.2021 den Todesfall eines Patienten, weil sich die Krankenkasse weigert, die Kosten zu zahlen). Die hohen Medikamentenpreise für diese Gentherapien sind deshalb höchst umstritten und fragwürdig.

Zu hoher Preis für Zolgensma

Die Preise von patentierten Medikamenten werden auf der Grundlage von untauglichen und verzerrten Vergleichen festgelegt (siehe mehr dazu im Public Eye Magazin Nr. 41, April 2023). Eine faire Preissetzung müsste laut Public Eye folgende Faktoren einbeziehen: Die realen Investitionen in Forschung und Entwicklung, die tatsächlichen Kosten für Produktion und Distribution, das Marktvolumen und eine angemessene Gewinnmarge. In den Niederlanden wurde der «faire» Preis für Zolgensma anhand der aufgezählten Faktoren neu  zwischen 200 000 und 400 000 Franken berechnet. 

Profit auf Basis öffentlich finanzierter Forschung

Besonders stossend ist bei dem hohen Preis für Zolgensma, dass die Gentherapie ursprünglich an der University of Pennsylvania entwickelt und mit 450 Millionen Dollar vomNational Institute of Health (NIH) finanziert wurde. Weitere Fördergelder kamen von verschiedenen Wohltätigkeitsorganisationen aus den USA und Frankreich (siehe Falldokumentation von MultiWatch „Take back our medicines: Wieviel öffentliche Gelder steckt in der Novartis-Therapie `Zolgensma`?“). Auch für Kymriah werden mit 370 000 Franken pro Infusion Rekordbeträge verlangt, obwohl massive öffentliche Mittel für die Entwicklung der Behandlung geleistet wurden (siehe Public Eye Magazin Nr. 19, September 2019). Zudem beruht Kymriah auf einer bereits bekannten Technologie und ist somit weder neu, noch steht dahinter eine erfinderische Tätigkeit, die ein Patent rechtfertigen würde.

Die beiden Gentherapien werden nicht die einzigen bleiben, bei denen Novarits den Preis bestimmt. Mit einer 100 Millionen Dollar Vorauszahlung an das Biotechunternehmen Voyager sichert sich Novartis ebenfalls eine Gentherapie zur Behandlung von Huntington – einer seltenen vererbbaren Erkrankung des Gehirns (siehe Blick, 2.1.2024). Die US-Firma wird dabei die präklinische Entwicklung verantworten, Novartis dann die gesamte klinische Entwicklung und die spätere Vermarktung. Für die Entwicklung von weiteren Gentherapien wurde eine Partnerschaft festgelegt.



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International, 29.10.2020

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