Die umstrittene Dakota Access Pipeline (DAPL) führt durch das sechstgrösste Reservat nordamerikanischer Ureinwohner, das Gebiet des Standing Rock Sioux-Stammes. Die milliardenteure Pipeline, die durch Fracking gewonnenes Öl von der kanadischen Grenze quer durch die USA transportieren soll, erreichte Bekanntheit durch zahlreiche Proteste von der indigenen Bevölkerung, Umweltaktivist*innen und NGOs. UBS und die Credit Suisse finanzieren drei von vier im Pipeline-Projekt involvierte Firmen mit Krediten.
Besonders die Credit Suisse wird kritisiert, an der Finanzierung des US-Konzerns Energy Transfer Equity (ETE), dem die umstrittene Dakota Access Pipeline (DAPL) gehört, massgebend beteiligt zu sein. Allein im Februar erhielt ETE von der Credit Suisse einen Kredit von 2,2 Milliarden US-Dollar. Die Credit Suisse stückelt den Kredit in Teiltranchen auf und verteilt so das Risiko auf weitere Banken und Investoren. In der Schweiz ist neben der Credit Suisse auch die UBS an der Finanzierung der DAPL-Betreiberfirmen beteiligt. Laut Greenpeace soll sie anfangs Februar 2017 für ein Kreditvolumen von 340 Millionen US-Dollar stehen, die CS soll demgegenüber fast 1,4 Milliarden an Krediten vergeben haben und damit der grösste Geldgeber überhaupt sein. Zentral für diesen Spitzenplatz ist ein Kredit von 850 Millionen Dollar an ETE vom März 2015. Im Kreditvertrag wird die Finanzierung der DAPL ausdrücklich erwähnt. Für Greenpeace ist klar: «Die CS spielt eine Schlüsselrolle bei der Finanzierung der Pipeline und der daran beteiligten Firmen.»
Schweizer Grossbanken finanzieren Pipelinebetreiber mit den meisten Unfällen
Neben Energy Transfer Equity (ETE) werden zwei weitere Konzerne, die an dem Bau der DAPL beteiligt sind, von der CS und der UBS finanziell unterstützt: Sunoco Logistics und Energy Transfer Partners (ETP). Reuters veröffentlichte eine Analyse von Regierungsdaten, in der das Unternehmen Sunoco Logistics im Vergleich zu seinen Konkurrenten mit mehr als 200 Öllecks alleine seit 2010 die meisten Unfälle aufweist. Dieser Pipelinebetreiber ist im Besitz des Pipeline-Haupteigentümers Energy Transfer Partners. Träte ein Ölleck in der Pipeline auf, die den Lake Oahe unterquert, so würde die Trinkwasserquelle der Bewohner des Standing-Rock-Reservats vernichtet.
Widerstand der indigenen Bevölkerung gegen die Dakota Access Pipeline
Seit anfangs 2015 protestieren indigene Stämme gegen den Bau einer Ölpipeline in North Dakota. Die Slogans, die auf den Schildern zu lesen sind, verraten die Problematik des Pipelinebaus: «Schützt das Wasser und Mutter Erde», «Lasst das Öl in der Erde» und «Wasser ist Leben». Die Ölpipeline droht das Land zu zerstören, das der indigenen Bevölkerung heilig ist. Die drohende Verschmutzung einer Wasserquelle hätte tragische Folgen. Denn von dieser sind Millionen Menschen abhängig. LaDonna Brave Bull Allard erklärt die Bedeutung des Landes für die indigene Bevölkerung: «Dies ist der Ort, an dem unsere Vorfahren sich niederliessen, weil nach einem Dammbau der US-Regierung ihre früheren Dörfer überflutet wurden. In diesem Tal, auf diesen Hügeln liegen die Grundsteine für unsere Tradition und Geschichte.» Sie ist Mitglied des Standing Rock Sioux Tribe, durch dessen Land die Pipeline führen soll. Im April hat sie das erste Protestlager am Fluss mitbegründet, das Sacred Stone Camp. Zwischenzeitlich haben sich mehrere hundert Demonstrant*innen dem Protest angeschlossen, darunter auch Vertreter*innen von indigenen Stämmen aus allen Regionen der USA. An manchen Wochenenden stellen sich über tausend Demonstranten dem Pipeline-Bau entgegen. An den Protesten kommt es regelmässig zu Auseinandersetzungen. Ein Uno-Experte stellte im November 2016 grobe Menschenrechtsverletzungen bei den Protesten fest. Lange Zeit haben die US-Medien den Protest der Standing Rock Sioux gegen die Pipeline ignoriert und in den USA war wenig bekannt über die Situation am Missouri. Das änderte sich am 3. September 2016. Die mehrfach preisgekrönte Journalistin Amy Goodman von «Democracy Now!» reiste an den Fluss und machte mit ihrem Team Filmaufnahmen. Sie zeigte, wie Sicherheitskräfte mit Pfefferspray und Hunden gegen Demonstrant*innen vorgingen. Demonstrant*innen hielten Bisswunden in die Kamera, ein gefilmter Schäferhund hatte Blut an der Schnauze. Häufig wurde die Auseinandersetzungen durch lokale Polizeikräfte angeheizt, die mit Militärfahrzeugen und automatischen Waffen Stellung gegen die gewaltfreien Demonstranten beziehen. Mehrere Hundert Menschen wurden verhaftet, darunter auch Journalisten. Lokale Behörden stellten für Amy Goodman einen Haftbefehl wegen unerlaubten Betretens eines Grundstücks aus. Als Goodman zum Gerichtstermin erschien, lehnte es der zuständige Richter wegen Mangels an Beweisen ab, einen Prozess zu eröffnen.
Präsident Trump setzt sich persönlich für die Fertigstellung der Pipeline ein
Die Dakota Access Pipeline soll über knapp 1900 Kilometer Öl Richtung Südosten nach Illinois bringen, jeden Tag bis zu 500’000 Barrel. Das sind fast 80 Millionen Liter. Um das 3,8 Milliarden Dollar teure Projekt zu vollenden, muss der Missouri untertunnelt werden. Die Gefahr sei gross, dass dabei das Wasser verschmutzt werde, warnen die Gegner. Ein Leck könnte die Trinkwasserquelle für Millionen Menschen zerstören. Der damalige US-Präsident Barack Obama hat den Konzern Energy Transfer Partners nach eskalierenden Konfrontationen zwischen Demonstrant*innen und Sicherheitspersonal der Baufirma um einen vorübergehenden Stopp der Arbeiten gebeten. «Wir werden prüfen, ob der Konflikt so gelöst werden kann, dass die Traditionen der ersten amerikanischen Bürger angemessen berücksichtigt werden können», sagte er im September 2016. Im Dezember 2016 teilte das US Army Corps of Engineers mit, dass es die Baubewilligung für den umstrittensten Abschnitt der Erdölpipeline durch das Gebiet des Standing Rock Sioux-Stammes in North Dakota nicht erteile, und veranlasste die Prüfung einer Alternativroute sowie eine Umweltverträglichkeitsanalyse. Ende Januar 2017 unterzeichnete Präsident Trump jedoch ein Dekret zur Fertigstellung der Pipeline, das vom US Army Corps of Engineers ohne vollzogene Prüfungen genehmigt wurde. Dieser Schritt von Präsident Trump überraschte kaum, denn er hat in seiner Zeit als Immobilienmogul zwischen 500’000 und eine Million Dollar in Energy Transfer Partners investiert. Deren Geschäftsführer Kelcy Warren spendete über 100’000 Dollar für Trumps Wahlkampf.
Solidarischer Widerstand in der Schweiz gegen die Schweizer Grossbanken
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) übergab Ende Dezember 2016 der UBS und CS eine Petition, die von rund 6`500 Personen unterzeichnet worden war. Diese fordert die beiden Banken neben einer klaren Stellungnahme dazu auf, zugunsten einer friedlichen Lösung Druck auf die beteiligten Firmen auszuüben und andernfalls die Kredite und Aktien zurückzuziehen, respektive zu verkaufen. Anlässlich der im Jahr 2017 stattfindenden Generalversammlung der Credit Suisse hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) erneut darauf aufmerksam gemacht, dass die Bank bei der Finanzierung der umstrittenen North Dakota Access Pipeline respektive des Baukonsortiums in den USA eine federführende Rolle spielt. Weil die CS keinen Forderungen der GfbV nachkam und keine echte Verhandlungsbereitschaft zeigte, reichte die GfbV am 28. April 2017 Beschwerde beim Nationalen Kontaktpunkt (NCP) für die OECD-Leitsätze (angesiedelt beim SECO) ein.
Zudem organisierte die Aktivist*innengruppe «Standing with Standing Rock – Basel» insgesamt drei Protestaktionen, mit welchen sie Druck auf die Schweizer Grossbanken machen wollten. Im Dezember 2016 fand die erste Kundgebung gegen die Kreditlinien und Aktienpakete, welche CS und UBS den verantwortlichen Firmen gewährt hatten. Eine zweite Kundgebung fand im Februar 2017 vor dem UBS-Hauptgebäude statt. Im April 2017 folgte eine dritte Kundgebung, nachdem weltweit Neuigkeiten über die federführende Rolle der CS bei der Finanzierung und Beratung der für den Bau der Pipeline verantwortlichen Firmen bekannt wurden.
Statements von Credit Suisse & UBS
«Die Credit Suisse leistet keine Finanzierung für die Dakota Access Pipeline. Richtig ist, dass wir – wie zahlreiche andere Banken auch – Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen pflegen, die in den USA landesweite Öl- und Gasinfrastrukturen betreiben. (…) Kundennamen und damit verbundene Zahlen kommentieren wir grundsätzlich nicht.» «Von Seite der UBS gibt es diesbezüglich nicht viel zu sagen. Wir sind nicht Teil derjenigen 17 Banken, die direkt in die Pipeline investieren.»