Inselbewohner:innen aus Indonesien haben vor einem Schweizer Gericht eine Klimaklage gegen den Schweizer Zementhersteller Holcim eingereicht. Damit fordern sie, dass Holcim seine CO2-Emissionen rasch senkt und sie für die bisher erlittene Klimaschäden finanziell entschädigt werden.
Es handelt sich bei dieser Klage um die erste ihrer Art gegen einen Schweizer Konzern. Gemeinsam mit verschiedenen Organisationen haben die von den Klimaschäden betroffenen Inselbewohner:innen den Zementhersteller Holcim mit Sitz in Zug ausgewählt, weil der Konzern einer der grössten Kohlendioxid-Emittenten weltweit ist.
Drastische Folgen des Klimawandels für die Inselbewohner:innen
Die Erderhitzung führt dazu, dass der Meeresspiegel stetig ansteigt und die Insel Pulau Pari, 30 km nordwestlich der Hauptstadt Jakarta gelegen, langsam verschwindet. Bereits 11 Prozent seiner Fläche hat die Insel verloren. Wiederholt wurde sie überflutet und dadurch entstanden grosse Schäden an Häusern, Strassen und Geschäften. Auch das Einkommen der Einwohner:innen, die von der Fischerei und vom Tourismus leben, leidet darunter. Für sie besteht kein Zweifel, dass solche drastische Ereignisse in Zukunft immer häufiger vorkommen werden und somit die die Existenz der Insel und ihrer 1500 Einwohner:innen gefährdet.
Holcim: Enormer CO2-Ausstoss und keine genügenden Massnahmen
Eine Studie zeigt, dass der Schweizer Zementhersteller Holcim von 1950 bis 2021 über sieben Milliarden Tonnen CO2 ausgestossen hat (siehe HEKS, 1.2.2023). Das sind 0.42 Prozent aller globalen industriellen CO2 -Emissionen seit dem Jahr 1750. Oder mehr als doppelt so viel, wie die gesamte Schweiz im gleichen Zeitraum verursacht hat. Damit trägt Holcim massgebliche Mitverantwortung für die Klimakrise und für die Situation auf der Insel Pari. Des Weiteren zeigt eine von HEKS veröffentlichte Analyse der Klimastrategie des Konzerns, dass Holcim zu wenig tut, um die Emissionen zu senken, und hat damit zu spät begonnen.
Zivilklage gegen Holcim
Vier Bewohner:innen der Insel Pulau Pari führten im Juli 2022 ein Schlichtungsverfahren mit Unterstützung des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS/EPER) gegen den Schweizer Baustoffkonzern Holcim ein – ohne Erfolg (siehe HEKS, 1.2.2023). Deshalb wurde am 30. Januar 2023 eine formelle Klage beim Zuger Kantonsgericht eingereicht. Die Kläger:innen fordern eine anteilsmässige Entschädigung für die erlittenen Klimaschäden und die finanzielle Beteiligung Holcims an Flutschutzmassnahmen. Zudem verlangen sie, dass Holcim seine CO2-Emissionen im Vergleich zu 2019 bis 2030 um 43 und bis 2040 um 69 Prozent reduziert. Dies wäre im Einklang mit dem Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf maximal 1.5 Grad zu beschränken. HEKS, das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und die indonesische Umweltorganisation WALHI unterstützen die Klage der vier Indonesier:innen mit der Kampagne «Call for Climate Justice».
Kläger:innen reisen in die Schweiz
Edi und Asmania, zwei Inselbewohner:innen, reisten in die Schweiz, um sich mit Vertreter:innen der unterstützenden Organisationen sowie mit Bundesparlamentarier:innen zu treffen, um ihre Situation zu schildern (siehe Swissinfo.ch, 28.6.2023). Besonders die baulichen Massnahmen gegen weitere Überschwemmungen stehen an, welche die Inselbewohner:innen selber finanzieren müssen. Das Hilfswerk HEKS fordert in diesem Zusammenhang die Schweizer Parlamentarier:innen auf, den Bundesrat zu bewegen, mehr Beiträge an einen Fonds der UNO zu leisten, der zur Finanzierung der bereits entstandenen Klimaschäden in “besonders verletzlichen” Ländern dient.