Die Presse (24.1.2018) berichtet, dass die beiden Pharmakonzerne vertragliche Absprachen trafen, um den Verkauf eines teureren Medikaments anzukurbeln.
Eigentlich sind die Arzneimittelhersteller Roche und Novartis Konkurrenten. Als es um den Vertrieb von zwei Medikamenten ging, entschieden sich die beiden Pharmakonzerne aber für eine Absprache, um den Vertrieb eines teureren Mittels zu steigern. Konkret ging es um Avastin und Lucentis, die beide vom Unternehmen Gentech hergestellt werden. Gentech gehört zum Roche-Konzern. Allerdings überliess Gentech die gewerbliche Verwertung von Lucentis in einer Lizenzvereinbarung Novartis. Avastin wird von Roche vertrieben.
Für diese biotechnologischen Arzneimittel wurden von der Kommission und der Europäischen Arzneimittel-Agentur Genehmigungen für das Inverkehrbringen erteilt. Lucentis ist für die Behandlung von Augenkrankheiten zugelassen. Auch Avastin wird, obgleich es nur für die Behandlung von Tumorerkrankungen zugelassen ist, oft für die Behandlung von Augenkrankheiten eingesetzt, weil es preisgünstiger als Lucentis ist. 2014 verhängte die italienische Wettbewerbsbehörde (AGCM) gegen Roche und gegen Novartis jeweils eine Geldbuße von etwas über 90 Mio. Euro. Sie begründete dies damit, dass die beiden Arzneimittelhersteller eine Absprache getroffen hätten, um zwischen Avastin und Lucentis eine ungerechtfertigte Unterscheidung herbeizuführen. Nach Schätzungen der AGCM sollen durch diese Nachfrageverlagerung dem italienischen öffentlichen Gesundheitswesen allein im Jahr 2012 Mehrkosten von etwa 45 Mio. Euro entstanden sein.
Falsche Informationen verbreitet
Der EuGH hatte nun zu klären, ob eine nationale Wettbewerbsbehörde davon ausgehen darf, dass Avastin, obgleich es für die Behandlung von Augenkrankheiten nicht zugelassen ist, zum selben Markt gehört wie das für Augenkrankheiten zugelassene Arzneimittel Lucentis. Und wenn ja, muss dann die Behörde die mögliche Unzulässigkeit einer augenheilkundlichen Anwendung von Avastin nach dem EU-Arzneimittelrecht berücksichtigen? Fest stand für die EuGH-Richter, dass die beiden Medikamente zum selben Markt gehören und daher miteinander im Wettbewerb stehen. Und auch, dass die beiden Pharmakonzerne in ihren Absprachen zu weit gegangen sind. Denn damit hätten sie das Verhalten Dritter, konkret von Ärzten, steuern wollen. Konkret seien irreführende Informationen über Nebenwirkungen des einen Medikaments verbreitet worden, um den Wettbewerbsdruck auf das andere zu senken. Das könne zu einer Irreführung geführt haben. Ob dem so ist, das haben jetzt die nationalen Gerichte zu klären.
Artikel Presse (24.1.2018)