Die Credit Suisse im Mosambik​-​Skandal

«Von Sorgfaltspflicht» oder «Eigenverantwortung» kann nicht die Rede sein. Das beweist der vollständige Untersuchungsbericht.

Artikel vom Infosperber (14.11.2017)

Der Mosambik-Skandal wird von den Enthüllungen der Paradise Papers überschattet, obwohl er finanziell gigantisch ist und eines der ärmsten Länder der Welt betrifft. Bei der Vergabe geheimer Kredite für militärische Zwecke an Mosambik nahm die Credit Suisse eine Schlüsselrolle ein: Ein weiterer grosser Skandal, in den Schweizer Konzerne verwickelt sind. Infosperber hatte mehrmals darüber berichtet. Es folgt eine Auswertung eines unterdessen vollständig publizierten Untersuchungsberichts.

Zur Erinnerung: Im Jahr 2013 schlossen die Credit Suisse London und die russische Bank VTB London Kreditgeschäfte von insgesamt 2,07 Milliarden Dollar mit Mosambik ab. Dessen damaliger Präsident, Armando Guebuza, und ein früherer Geheimdienstchef, Antonio de Rosario, wollten damit angeblich ein Grossprojekt zum Küstenschutz finanzieren. Empfänger der Kredite war allerdings nicht Mosambik, sondern das Firmenkonglomerat «Privinvest» des franko-libanesischen Unternehmers Iskandar Safa und seines Bruders Akram Safa.

Safa verpflichtete sich dazu, in einer Schiffswerft von Cherbourg Schiffe eine Fischereiflotte und militärisch einsetzbare Schnellboote für Mosambik zu bauen. Die Kredite wurden vor der internationalen Öffentlichkeit, inklusive dem IWF, geheim gehalten und auch dem eigenen Parlament und der Staatsbank verschwiegen, zugleich aber mit Staatsgarantien versehen, was einen Verstoss gegen die Verfassung bedeutete.

Erster Kredit angeblich für «Fischereiflotte»

Ein erster von drei Krediten («Ematum»-Kredit) wurde im September 2013 publik, weil die CS dafür Obligationen auflegte und die französische Presse den Millionendeal mit Mosambik feierte. Die Besiegelung dieses Geschäfts wurde in einer Fotografie festgehalten, auf der François Hollande, Armando Guebuza (Präsident Mosambiks) und Iskandar Safa (mit einem Schiffsmodell in den Armen) gemeinsam in die Kamera lächeln. Da die mosambikanischen Auftraggeber sich scheuten, als Zweck der Obligationen ein militärisches Projekt anzugeben, begründeten sie die Kapitalbeschaffung mit dem Bau einer Fischereiflotte. Als die Öffentlichkeit zwei Jahre später die effektive Höhe des Kredits erfuhr – 850 Mio Dollar –, begann ein Rätselraten über den Verbleib von mindestens 500 Mio Dollar, die offenbar nicht in die Fischereiflotte geflossen waren. Auch der IWF wurde damals auf das Problem aufmerksam.

Zahlungsunfähigkeit

Unmittelbar nach einer Umschuldung des «Ematum»-Kredits deckte das Wall Street Journal Anfang April 2016 zwei weitere geheime Kredite («ProIndicus»: 622 Mio Dollar, «MAM»: 535 Mio Dollar) auf. Der IWF und die Geberländer sistierten daraufhin die Budgethilfe an Mosambik, und die Regierung erklärte Ende Oktober 2016 ihre Zahlungsunfähigkeit. In einem Land, in dem noch immer die grosse Mehrheit der Bevölkerung in extremer Armut lebt, wirkt sich die verschärfte Wirtschaftskrise verheerend aus: Es fehlt an Geld für teure Medikamente, die Sterberate steigt entsprechend. Den Schulen fehlt es an einfachsten Materialien, Löhne und Studienstipendien werden – wenn überhaupt – mit grosser Verspätung bezahlt.

Auf Druck des IWF führte die Firma Kroll von November 2016 bis Mai 2017 im Auftrag der mosambikanischen Generalstaatsanwaltschaft und von Schweden finanziert ein Audit über die geheimen Kredite durch. Anfang September erhielt ein ausgewählter Adressatenkreis Einblick in den ausführlichen Audit-Report. Eine Version dieses vollständigen «Kroll-Reports» ist inzwischen im Internet zugänglich.

Im Folgenden gehen wir auf folgende Punkte ein : 1. Die Hauptergebnisse des Audits; 2. die Schweiz betreffende Empfehlungen der Audit-Firma; 3. Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen der involvierten Firmen Privinvest und Palomar; 4. Die aktuelle Lage in Mosambik.

1. Die Hauptergebnisse des Audits

● Die Credit Suisse London spielte bei der Kreditvergabe vermutlich die aktivere Rolle als die Bank VTB in London und wird im Kroll-Report entsprechend auch viel häufiger erwähnt. Die CS war mindestens seit Januar 2013 mit Mosambik im Geschäft, um Zwecke und Umstände des Kreditdeals abzuklären, und wickelte alle ihre Kredite ab, bevor die VTB-Bank ihrerseits das Kreditgeschäft aufnahm. Der erste Kredit (für Proindicus) war ein Syndikat- oder Konsortialkredit (Leadmanager war die CS), für den zweiten (Ematum) verkauften die Banken Obligationen an vorwiegend europäische und US-Investoren. Auch der ProIndicus-Kredit wurde an Gläubiger weiter verkauft. Die CS überwies zwischen März und September 2013 total 1,04 Mrd Dollar (in Tranchen an Proindicus und Ematum1. Erst danach, nämlich zwischen Ende September 2013 und Juni 2014, übermittelte die russische Bank VTB weitere 1,03 Mrd Dollar. Am MAM-Kredit war die CS nicht beteiligt.– Kroll diagnostiziert das Verhalten der CS London als «loan pushing», als

Drängen zur Aufnahme eines grösseren Kredits als nötig.

● Bankgebühren: Kroll listet (S.152) insgesamt Bankgebühren von 58,8 Mio Dollar auf (für die CS: 23,8 Mio Dollar) sowie 140,9 Mio Dollar sog. «contractor fees» für ProIndicus und Ematum, d.h. Zahlungen (Kickbacks) an die Gläubiger, die praktisch einen Preisnachlass von etwa 10% bedeuteten. Das sind insgesamt 199,7 Mio Dollar an Gebühren3. Hinzu kommen 30,6 Mio Dollar an die Firma Palomar sowie 31,4 Mio an diverse Banken und Treuhänder für die Umstrukturierung des Ematum-Kredits. Damit erhöhen sich die Gebühren auf über 265 Mio Dollar – bezahlte oder fällige Schuldzinsen nicht inbegriffen. J.Hanlon beziffert die gesamten Bankspesen sogar auf 292 Mio Dollar.4

● Die CS stellte an die Kreditvergabe vier Bedingungen: Sie verlangte erstens, dass die mosambikanische Staatsbank die Kredite gutheisst, zweitens dass das Verwaltungsgericht den gesamten Prozess überwacht, drittens dass der IMF informiert wird – eine Bedingung, die auch Gegenstand eines Abkommens zwischen Mosambik und dem IWF ist – und dass viertens die Kredite durch Staatsgarantien abgesichert werden.

Die ersten drei Bedingungen wurden aber nicht erfüllt: Die Kredite wurden allen Organen verheimlicht. Staatsgarantien wurden zwar abgegeben, allerdings ohne Absegnung durch das Parlament, wie es die Verfassung vorsah. Auch das Parlament sollte von den Krediten nichts wissen. Das Kroll-Audit verwendete viel Sorgfalt auf die Rekonstruktion der Umstände, unter denen die Staatsgarantien gegeben wurden.

● Credit Suisse und Bank VTB zahlten die Kredite (abzüglich Bank-Spesen und Contractor fees) nicht nach Mosambik, sondern an die Firma Privinvest bzw. Abu Dhabi Mar und Palomar, die zu Privinvest gehören («Contractor-Firmen»). Die Transaktion erfolgte also unter Umgehung der mosambikanischen Behörden, einschliesslich der Staatsbank, die entsprechend ahnungslos war. Privinvest überwies lediglich 18,2 Mio Dollar (weniger als ein Prozent!) an die mosambikanischen Firmen.

● Die mosambikanischen Firmen – drei an der Zahl: «ProIndicus», «Ematum», «MAM» – nahmen in Mosambik Kapital in der Höhe von 70 Mio Dollar auf (S.18), teils um minimal operieren und teils um einen Teil der aufgelaufenen Schulden abzahlen zu können. Die Identität der Geldgeber bleibt unbekannt.

● Vor allem die mosambikanischen Firmen, hinter denen der Geheimdienst SISE und in einem Fall auch das Verteidigungsministerium steht, haben den Auditoren einen grossen Teil der zur Klärung der Sachverhalte notwendigen Dokumente vorenthalten. Unter den eingereichten Dokumenten waren viele unbrauchbar (Vertragsentwürfe ohne Unterschrift, Zahlungsbelege ohne Zweckangabe, Handzettel usw.) und zum Teil widersprüchlich. Auch die vom Contractor eingereichten Dokumente sind zur Klärung zentraler Fragen ungenügend.

● Dokumente, welche die Verwendung der aus dem Ematum-Kredit verschwundenen 500 Mio Dollar betreffen, wurden der Audit-Crew verweigert, und die Aussagen der befragten Instanzen dazu widersprechen sich (S.16f.). Laut dem Chef der drei verantwortlichen mosambikanischen Firmen Antonio do Rosario sind sie für militärische Ausrüstung eingesetzt, laut Finanzminister Adriano Malaiane hingegen ins Staatsbudget von 2014 für Ausrüstung zum Küstenschutz aufgenommen worden, wobei Nachweise über Einzelheiten dieser Ausrüstung fehlten. Die Contractor-Firmen bestreiten grundsätzlich, dass grössere Beträge verschwunden seien, und halten die These von Waffenkäufen für reine Fantasie.

● Die vom Contractor gelieferten Güter schätzt der Kroll-Report als um 713 Mio Dollar überteuert. Zu dieser Schätzung kommt Kroll einerseits durch einen Vergleich der Preislisten in den ProIndicus-, Ematum- und MAM-Verträgen für identische Güter und andererseits aufgrund der Berechnungen eines unabhängigen Spezialisten. Zu diesen Methoden musste Kroll greifen, weil die Dokumente der beteiligten Firmen völlig unzureichend waren. Es fehlt auch der Nachweis einer Übertragung der intellectual property rights auf die mosambikanischen Firmen, die ihnen aber offenbar in Rechnung

gestellt worden ist. Die Auditoren beklagen die unbefriedigende Datenlage mehrfach: «due to the limited documents provided by the Contractor» (S.211), «the limited documents, provided by the Contractor and ProIndicus to date» (S.210).

● Die drei mosambikanischen Firmen geben ein sehr schlechtes Bild ab. In ihren Budgets sahen sie einen Gewinn von 2,3 Mrd Dollar bis Ende 2016 vor, doch fuhren sie nur Schulden ein. «None of the Mozambique companies are fully operational» (S. 215). Es fehlten klare Businesspläne. Die Einsicht in wichtige Dokumente wurde der Audit-Crew verweigert, mit der Begründung, sie seien geheim. Unterlagen zu Verträgen, Zahlungen, Banktransfers waren lückenhaft oder standen im Widerspruch zu Dokumenten von Vertragspartnern. Die von der Contractor-Firma gelieferten Schiffe liegen ungenutzt in den Häfen von Maputo und Pemba, es wurde keine Schiffs-Crew ausgebildet und die Infrastruktur ist mangelhaft (S.37): Es gibt keine Kühlmöglichkeiten für gefangene Fische, keine geeignete Lokalität für eine Schiffswerft, keine Verträge zum Küstenschutz mit Firmen, die nach Erdgas bohren...

● Das Audit liefert keine zweifelsfreien Nachweise von Waffenkäufen, kann sie wegen der vielen Erklärungslücken und widersprüchlichen Auskünfte aber nicht ausschliessen.

2. Empfehlungen des Kroll-Reports. Einige davon betreffen die Schweiz

i) Frage nach der «Due Diligence undertaken by Credit Suisse» (S.207f.): Kroll erwartet von der Credit Suisse anhand der entsprechenden Belege den Nachweis, im Zusammenhang mit der Kreditvergabe an die mosambikanischen Unternehmen der erforderlichen Sorgfaltspflicht (Due Diligence) nachgekommen zu sein.5 Kroll empfiehlt der mosambikanischen Generalstaatsanwaltschaft, sie solle die englische Bankenaufsicht ersuchen, bei der CS die einschlägigen Nachweise über Due Diligence einzufordern.6

ii) Über zwei Zahlungen sollte die CS ausserdem gesondert Auskunft geben. Die eine Auskunft betrifft auch die Bank VTB und Palomar, die bis Ende 2016 ihren Sitz in Zürich hatte.

Die fragliche Zahlung steht in Verbindung mit einem «amended ProIndicus Loan agreement» vom 17.12.2014, als ProIndicus weitere 278 Mio Dollar aufnehmen wollte, um eine Rückzahlung zu finanzieren. Obwohl diese Summe dann doch nicht aufgenommen wurde, sei dennoch eine Zahlung von 57,3 Mio Dollar als «running fees» an die Banken verbucht worden (S.211). Die zweite Auskunft betrifft eine Zahlung von 51 bzw. 53 Mio Dollar an die CS, die das eine Mal von der mosambikanischen Firma Ematum über die MOZA Bank, das andere Mal von der Contractor-Firma bezahlt wurde. Die Angaben über die erste Zahlung sind unvollständig und widersprüchlich, und es besteht der Verdacht, dass 53 Mio Dollar für «unbekannte Zwecke» eingesetzt wurden (S.213).7

iii) Der Verdacht auf massiv überrissene Preise («Overpricing») durch die Contractor-Firmen soll von der FINMA geklärt (S.212) und bei einem eventuellen Handelsstreit zwischen den Firmen in Mosambik und dem Contractor durch das Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer in Zürich (bzw. Genf) angerufen werden (S.213).

3. Stellungnahmen von Anwaltskanzleien der Firmen Privinvest und Palomar

Nach der Publikation einer Zusammenfassung des Audits (= «Kroll-Report») vom 23.06.17 reichte die Firma Palomar (die zum Privinvest-Konglomerat gehört) den Auditoren einige Dokumente nach und erwirkte damit die Publikation einer in einigen Einzelheiten leicht veränderten Zusammenfassung des Kroll-Reports («Redacted Summary»). Diese wurde am 31.07.17 im Internet aufgeschaltet.8

Londoner Anwaltskanzleien der Firmen Privinvest und Palomar wachen aufmerksam über die Berichterstattung zum Mosambik-Skandal und intervenieren nicht selten bei Berichten, um die eigene Sichtweise einzubringen. Von Infosperber verlangte die Anwaltskanzlei vergeblich, die veröffentlichten Artikel ganz vom Netz zu nehmen.

Auf einige Argumente der Privinvest-Anwälte sei im Folgenden kurz eingegangen:

● Zu den verschwundenen 500 Mio Dollar teilte die Londoner Anwaltskanzlei Simkins, die die Firma Privinvest vertritt, am 7.August 2017 in einem Schreiben an Infosperber mit,

«the statement that ‚Hundreds of millions of dollars went missing due to corruption‘ (...) is an extremely serious and baseless allegation, going to the heart of the integrity of our client» [Privinvest].

Tatsache ist, dass in Mosambik über den Verbleib der fraglichen 500 Mio Dollar schon seit Juli 2015, als die volle Höhe des Ematum-Kredits bekannt wurde, gerätselt wird und das Kroll-Audit dieses Rätsel nicht aufklären konnte. Der Audit-Bericht hält fest (S.216): «There is a risk that the Mozambique Companies have intentionally restricted access to critical documentation.»

● Zur Vermutung der Kroll-Auditoren zum Overpricing hält die Anwaltskanzlei fest:

«Es stimmt nicht, dass sich der Schiffbau als um 713 Mio Dollar überteuert erwiesen hätte. Die Schätzung von Kroll beruht – wie im Report von Kroll selber eingeräumt wird – auf unvollständigen Informationen und belegt keineswegs eine Differenz in der behaupteten Höhe.»

Natürlich gilt, solange nichts bewiesen ist, die Unschuldsvermutung. Aber die vielen Dokumentationslücken nähren laut Kroll-Auditoren die Befürchtung, «that the role of Privinvest and/or Palomar in the Mozambique project does not provide value for money and is disadvantageous for the Mozambique State». Deshalb empfiehlt Kroll: «Further work is to be undertaken to assess the role of Palomar and Person B [Andrew Pearse] in regards to the Mozambique project, especially to assess the value for money aspects of the contract» (S.217).

● Dass die Kredite jeweils in voller Höhe – an Mosambik vorbei – direkt an die Contractor-Firmen ausbezahlt wurden, was ihre Geheimhaltung erleichterte, begründet die Anwaltskanzlei Simkins mit dem ungewöhnlichen Argument, diese Firmen seien unterkapitalisiert:

«It is quite standard in the context of large scale projects being financed by third party banks, for the banks to require that the funds flow directly to the contractor, rather than via under-capitalised project entities.» [Hervorhebung TK].

Es verwundert nicht, dass Firmen, die nicht mit den nötigen Mitteln versorgt werden, unterkapitalisiert sind! Die Argumentation der Anwaltskanzlei vertauscht Ursache und Wirkung.

● Die Vermutung, dass Waffenkäufe mit im Spiel gewesen sein könnten, weist die Anwaltskanzlei, wie auch der ausführliche Kroll-Report berichtet (S.16f.), zurück:

«The Contractor has categorically stated to Kroll (...) that no weapons were provided.»

Wenn das Projekt aber wirklich der Verteidigung der Küste und der Offshore-Gasvorkommen mit Schnellbooten dient, dann wirkt das Fehlen jeglicher Bewaffnung eigenartig. Gegenüber Infosperber hält die Anwaltskanzlei Simkins fest: «Nor is there any truth whatsoever to the statement that the tuna fishing fleet was simply a ruse to disguise transactions that were more akin to arms dealing.» –

Hier steht nun Aussage gegen Aussage: Antonio do Rosario, der Chef der drei Firmen, hatte vor der Enquete-Kommission, die dem mosambikanischen Parlament am 09.12.2016 ihre Erkenntnisse mitteilte, ausgesagt, die Projekte dienten ausschliesslich Verteidigungszwecken. Der Ematum-Kredit sollte, was mit Proindicus beabsichtigt war, aber nicht realisiert werden konnte (Küstenschutz, Verteidigung) «ergänzen, erweitern und verstärken». Die Ausgabe von Obligationen durch die CS für den Ematum-Kredit habe die mosambikanischen Geheimhaltungspläne durchkreuzt. «Wir konnten doch nicht hingehen und den Banken oder wem auch immer sagen, dass die Fischerei für uns nicht das Hauptanliegen ist (...). Nun mussten wir eine andere Firma von Null auf gründen» (die Fischerei-Firma Ematum).9

Der Canal do Moçambique berichtete am 5.4.17 ausserdem von Waffenkäufen in Israel unter Verantwortung von Guebuzas Sohn Mussumbuluko. Diese Waffen wurden in den Bergen von Namaacha getestet, was darauf schliessen lässt, dass sie nicht für den Küstenschutz bestimmt sind.

Bereits ein Jahr vorher, am 13. Mai 2016, veröffentlichte Africa Confidential einen Artikel mit Schaubild, der die geheimen Kredite mit mosambikanischen Einkäufen von Schiffsausrüstungen und Waffen aus China, Deutschland, Israel, Österreich, Portugal, Rumänien, Türkei und USA in Verbindung bringt. Der Artikel nennt ferner Deutschland, Frankreich und die Schweiz als Lieferanten von Radar-Ausrüstung.

Erst in den letzten Monaten wurde schliesslich bekannt, dass Mosambik im November 2013 anscheinend von Nordkorea für rund 6 Millionen Dollar Waffen (Luftabwehrsysteme, Boden-Luft-Raketen, Panzerabwehrrüstung und Radar) gekauft hat; woher die Finanzierung stammte, ist unklar.10 Neben dem IWF drängt deswegen auch der UN-Sicherheitsrat auf eine Aufklärung der geheimen Kredite in Mosambik.

Die Rolle der Credit Suisse und der Bank VTB bei der Vergabe der geheimen Kredite an Mosambik wird inzwischen nicht mehr nur von der britischen Bankenaufsicht (Financial Services Authority, FSA) und der US-Börsenaufsicht SEC untersucht, sondern, wie das Wallstreet Journal vom 6.11.2017 meldete, auch vom US-Justizdepartement und dem Federal Bureau of Investigation (FBI). Finews berichtete am 7. November ebenfalls darüber: «Credit Suisse: Das FBI untersucht Mosambik-Deal».

4. Die aktuelle Lage in Mosambik

In Mosambik herrscht Krisenstimmung. Zur wirtschaftlichen gesellen sich eine politische und moralische Krise.

Ende April 2017 beschloss das von der Frelimo beherrschte Parlament, die verfassungswidrigen Kredite im Nachhinein doch noch zu legalisieren. Nach Abschluss des Audit-Verfahrens durch die Firma Kroll zeigte sich, dass die verantwortlichen Behörden und der Chef der halbprivaten Firmen wichtige Aussagen und damit im Grunde die Kooperation mit dem Audit verweigert hatten. Dass die für das Audit mitverantwortliche Staatsanwaltschaft diese Kooperationsverweigerung zugelassen hat, verrät eine unscharfe Trennung zwischen Politik und Justiz. Die Bevölkerung Mosambiks ist gespalten. Wie verhasst der ehemalige Präsident, Armado Guebuza, in weiten Kreisen ist, zeigte sich anlässlich der Beerdigung seiner im Dezember 2016 ermordeten Tochter, als aufgebrachte Bürger mit Steinen gegen ihren ehemaligen obersten Chef warfen.

Der aktuelle Präsident, Filipe Nyusi, hat sich zwar erfolgreich aus dem Schatten seines Vorgängers emanzipiert und treibt den Dialog mit der historischen Gegenpartei Renamo zur Beilegung der gegenseitigen Gewaltanwendung voran. Dabei ist unklar, ob und wieweit auch Nyusi in den Skandal um die geheimen Kredite verwickelt ist – immerhin war er zu dieser Zeit Verteidigungsminister.

Soweit die Ergebnisse des letzten Frelimo-Parteikongresses nach aussen drangen, scheint es zu einem Kuhhandel gekommen zu sein: Die Nyusi-Fraktion, die – bisher gegen den Widerstand der Guebuza-Fraktion – die ewigen Zwistigkeiten mit der Renamo beenden will, könnte den für den Kreditskandal Verantwortlichen rund um Guebuza Straffreiheit zugesichert haben – im Austausch mit deren Verzicht auf Widerstand gegen die weiteren Friedensbemühungen.

Falls sich die Parteispitze der Frelimo darauf geeinigt haben sollte, den Schleier über die verschwundenen 500 Mio Dollar nicht mehr zu lüften und dafür notfalls auf weitere Budgethilfe durch IWF und Geberländer zu verzichten, dann wäre das eine schlechte Nachricht. Wenn endlich das Gas im Rovuma-Becken gefördert wird, so hofft man, können vielleicht die aufgelaufenen Schulden bedient werden. Ob Mosambiks Generalstaatsanwaltschaft die Ratschläge der Kroll-Auditoren alle befolgen wird, ist fraglich.

Im Augenblick sieht es so aus, dass sich Mosambiks Wirtschaftskrise noch um einige Jahre verlängert und die Profite aus der künftigen Gasförderung im Norden des Landes womöglich an der Bevölkerung vorbeigeschleust werden.

Artikel Infosperber (14.11.2017)

FUSSNOTEN

1 Genaue Zahlen und Daten: Redacted Kroll-Summary: S.54.

2 Seitenzahlen in Klammern beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf den ausführlichen Kroll-Report.

3 Redacted Kroll-Summery, S.12.

4 J.Hanlon: Mozambique News & Clippings no 383, 7.9.17:

5 «Kroll requests that Credit Suisse provide a summary of the due diligence undertaken by the bank in relation to the loan agreements with the Mozambique companies, including all relevant supporting documentation” (p.207f.).

6 «The PGR [Procuradoria Gerald da República] request (…) that the UK authorities request the details of enhanced due diligence documentation of Credit Suisse» (p.207).

7 «Consider raising a dispute in connection with the unfulfilled delivery of the three supply contracts in accordance with the ‘Applicable Law and Arbitration Law’ clause [sic!], in Switzerland, in order to gain access to all relevant documentation maintained in the power, possession or control of the Abu Dhabi entities. The PGR [Procuradoria Gerald a República do Moçambique] should contact the Swiss Financial Market Supervisory Authority (FINMA) to progress the option» (p. 212). Und: «The three supply contracts between the Mozambique Companies and the Contractors state that all disputes arising in connection with the Mozambican Project, if not amicably resolved between the parties, shall finally be settled by an ICC* Arbitrator in Geneva, Switzerland» [International Chamber of Commerce Arbitration] (p.213].

8 Report redacted. Verändert wurde insbesondere Kapitel 3.7. («Privinvest-Group and Palomar»). Ein Satz aus der ursprünglichen Summary (S.50f.), demzufolge «weder die Verträge noch die Belege zum Zahlungsverkehr zwischen Palomar und Proindicus sowie zwischen Palomar und MAM ausgehändigt worden» waren, konnte in der «redacted» Summary gestrichen werden. S.50 und 51 sind zwei neue Fussnoten eingefügt. Laut Anm. 22 und 23 hat Palomar einige Dokumente nach Beendigung des Audits nachgereicht. Das ist erstaunlich angesichts der Beteuerung von Palomar, stets zur Kooperation mit Kroll bereit gewesen zu sein!

9 Link S..78. Weitere Aussagen A. do Rosarios im gleichen Zusammenhang: «Part of objectives of Proindicus 'coincides with the military component of national defence'». (67) «Of the equipment bought with the loans, referred to variously as 'military equipment' and 'arms' {armamentos}, some have been given to the Ministry of Defence, some to the Ministry of Interior and some to Proindicus.» (A43, A46) «Ematum was a cover for military purchases 'Fishing is not the main activity of Ematum', confirmed António Carlos do Rosário (…), the CEO (PCA, Presidente do Conselho de Administração) of Proindicus, Ematum and MAM. (A73).» (http://www.open.ac.uk/technology/mozambique/sites/www.open.ac.uk.technology.mozambique/files/files/Mozambique_359-13Feb2017_ $2bn-debt-parliamentary-report-key-points.pdf)

10United Nations, Security Councel, 5.9.17: http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2017/742; S.14 sowie Salem Salomon: Sanctioned and Shunned, North Korea Finds Arms Deals in Africa

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