Tatort Bundesbern. Die Schweiz befindet sich in Geiselhaft von zwei Grossbanken. Die Credit Suisse, von ihren führenden Managern runtergewirtschaftet, droht das Land und womöglich gar die Weltwirtschaft in den Abgrund zu reissen. Die UBS diktiert dem Bundesrat die Bedingungen, unter denen sie die Zombiebank übernimmt. Was wie ein überdrehter Sonntagabendkrimi klingt – es ist Realität.
Artikel der WOZ (23.3.2023)
Weshalb der Bundesrat vergangene Woche offenbar nie ernsthaft erwogen hat, die CS temporär zu verstaatlichen, statt sich einem UBS-Diktat zu unterwerfen, bleibt schleierhaft. Wieso funktioniert die «Too big to fail»-Gesetzgebung nicht, wenn man sie braucht? Warum ist in den Monaten und Wochen zuvor niemandem in den Sinn gekommen, Notfallszenarien zu entwickeln?
So musste der Bundesrat, wie die «Financial Times» berichtet, unter starkem Druck der USA und anderer Staaten abnicken, was die UBS verlangte. Dabei sind die versprochenen Billigkredite von 200 Milliarden Franken (die eine Hälfte durch die Nationalbank, die andere durch den Bund) noch nicht einmal das grösste Übel. Viel verheerender könnte sich die Zusage erweisen, sich für bis zu 9 Milliarden Franken an den Verlusten eines «bestimmten Teils des CS-Portfolios» zu beteiligen.
9 Milliarden, das ist mehr, als die Schweiz letztes Jahr für Bildung und Forschung ausgegeben hat. Doch beim Bund weiss niemand, um was für Vermögenswerte es sich dabei handelt, die die Schweiz da jetzt absichert, wie ein Sprecher des Finanzdepartements gegenüber der WOZ freimütig einräumt. Angesichts der verheerenden Risikokultur der Credit-Suisse-Manager und ihrer haarsträubenden Fehlspekulationen muss das Schlimmste befürchtet werden. So wartet man in Bern jetzt darauf, dass UBS-Leute den Giftschrank der CS-Investmentbank öffnen und eine Inventur vornehmen.
Gut, dass das Parlament bereits am 12. April zu einer ausserordentlichen Session zusammentrifft, um über die Geschehnisse zu debattieren. Es sollte eine parlamentarische Untersuchungskommission einsetzen. Grundlegende Fragen müssen geklärt werden. Etwa wieso die Schweizerische Nationalbank, die Finanzmarktaufsicht Finma und das Finanzdepartement über Jahre hinweg tatenlos zuschauten, wie sich die systemrelevante Credit Suisse selber herunterwirtschaftete. Daneben braucht es Gesetzesänderungen: etwa schärfere Regeln, um Exzesse bei den Vergütungen und den Boni künftig zu verhindern. Denn sie setzen falsche Anreize und erhöhen die Risikobereitschaft. Doch sollte man sich, bei allem Zorn über die Abzocker vom Paradeplatz, nicht davon ablenken lassen, dass viel substanziellere Probleme gelöst werden müssen.