Philip Morris klopfte beim Bund an, weil Moldawien ein strengeres Tabakgesetz erlassen wollte. Daraufhin interveniert das Aussendepartement im Namen des Tabakmultis im osteuropäischen Staat.
Artikel vom Blick (1.8.2019)
Es wird nicht ruhig um den Tabakmulti Philip Morris und das Schweizer Aussendepartement EDA: Erst am Dienstag teilte Bundesrat Ignazio Cassis (58) mit, dass er die Notbremse beim Tabak-Sponsoring für den Schweizer Pavillon an der Expo 2020 zieht. Jetzt zeigen Recherchen des Onlinemagazins «Republik», dass das EDA sich andernorts für den Tabakkonzern starkmachte.
So erhielt die Präsidentin des moldawischen Parlaments, Zinaida Greceanii (63), vor gut zwei Wochen dicke Post von der Schweizer Botschaft. Im Auftrag von Philip Morris.
In der Not wandte sich Philip Morris an die Schweiz
Denn das im Februar neu gewählte moldawische Parlament war drauf und dran, das Tabakgesetz zu verschärfen. Künftig sollten Tabakerhitzer wie IQOS von Philip Morris gleich hoch besteuert werden wie herkömmliche Tabakprodukte.
Für die Gewinnmargen des Tabakmultis wäre das alles andere als gut, bei Philip Morris läuteten dementsprechend die Alarmglocken. In seiner Not wandte sich der Konzern an einen Freund und Helfer: die Schweiz. Genauer gesagt ans Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Der Tabakmulti bat den Bund darum, «bei den moldawischen Behörden zu intervenieren», wie das Seco gegenüber der «Republik» bestätigte.
Schweiz schickt Brief an moldawische Parlamentspräsidentin
Fünf Tage später kontaktierte der Generaldirektor von Philip Morris für die Ukraine auch die Schweizer Botschaft in Kiew. Umgehend schickte diese einen Brief an die moldawische Parlamentspräsidentin. Mit der Aufforderung, «dass Philip Morris in das öffentliche Konsultationsverfahren zu einem Gesetzesentwurf einbezogen werden sollte, der die Arbeit des Unternehmens tangieren könnte», so das EDA.
Das Schreiben der Schweizer Botschaft blieb allerdings unbeantwortet. Und das verschärfte Tabakgesetz wurde letzten Freitag vom Parlament trotzdem genehmigt.
EDA: Vorgang «nicht unüblich»
Was bleibt, ist ein schaler Nachgeschmack: Macht das EDA tatsächlich im Namen der Schweiz Lobby-Arbeit für Weltkonzerne? Der Brief habe sich nicht zum Inhalt des Gesetzesentwurfs geäussert, betont das EDA. In den moldawischen Gesetzgebungsprozess habe sich das EDA deshalb nicht eingemischt.
«Es gehört zu den Aufgaben der Schweizer Botschaften, in ihrem Gastland auch die Interessen der Schweizer Wirtschaft zu vertreten», so das EDA. Es sei nicht unüblich, dass Botschaften von Schweizer Unternehmen kontaktiert werden.
Doch: Philip Morris ist kein Schweizer Unternehmen, sondern ein US-Konzern. Zwar betreibt der Tabakkonzern in der Schweiz unter anderem ein Operationszentrum mit 1500 Mitarbeiter, sein Hauptsitz aber befindet sich in New York. (pro)
Artikel Blick (1.8.2019)