In Norwegen will eine Firma Kupfer gewinnen – mit Folgen für die eingeborenen Samen. Die Schweizer Grossbank spielt eine prominente Rolle.
Artikel vom Der Bund (27.8.2019)
Gestern bot sich in Zürich ein spezielles Bild: In Trachten gekleidete norwegische Vertreter des Volks der Samen verliessen das Gebäude der Credit Suisse am Paradeplatz, wo sie sich mit dem Direktor für Nachhaltigkeit unterhalten hatten. Danach machten sie einen Spaziergang durchs Niederdorf, kehrten zum Mittagessen ein – und vor allem gaben sie Interviews.
Thema war eine Kupfermine, die in ihrer Heimat, im äussersten Nordosten Norwegens, gebaut werden soll. Die Samen sehen dadurch ihre beiden wichtigsten Einkommensquellen, den Lachsbestand und die Rentierherden, bedroht.
An dem Projekt ist unter anderem die Credit Suisse beteiligt, wenn auch indirekt: Die Bank verwaltet als sogenannter Nominee Shareholder für einen oder mehrere anonyme Anleger 20,6 Prozent der Aktien der Bergwerksgesellschaft Nussir ASA. Das ist der zweitgrösste Aktienanteil der Firma, welche die Kupfermine plant.
Die Credit Suisse darf das aufgrund des Bankgeheimnis nicht bestätigen, doch sie dementiert auch nicht, zumal ihr Name bis Ende vergangenen Jahres noch unter den Investoren auf der Website der Nussir aufgeführt war. Inzwischen wurde der Name gelöscht, und es heisst nur noch «Nominee Shareholder».
Das Kupfervorkommen in den Bergen um den Repparfjord wird auf 74 Millionen Tonnen geschätzt. Daneben hofft die Nussir ASA, auch Gold und Silber zu finden. Jährlich sollen zwei Millionen Tonnen Erz abgebaut werden. Das meiste davon würde als Restmasse und Abfall im Fjord gelagert, der als nationales Lachsgebiet eigentlich besonders schützenswert ist. Zudem befürchten die Samen, die in der Region die Minderheit der Bevölkerung ausmachen, dass auch ihre Rentiere vertrieben werden. Das Parlament der Samen sowie die ansässigen Rentierzüchter und eine norwegische Naturschutzorganisation wollen sich gegen das Projekt zur Wehr setzen. Den Entscheid des norwegischen Handelsministeriums vom Februar, das Projekt zu bewilligen, haben sie angefochten. Nun entscheidet die Regierung.
Die Credit Suisse sei eine international bekannte und renommierte Grossbank, sagt Aili Keskitalo, Präsidentin des Samen-Parlaments. Doch das Rohstoffprojekt zeichne das Finanzinstitut im negativen Sinn aus. Die Schweizer Nichtregierungsorganisation Gesellschaft für bedrohte Völker, die eine Dokumentation zum Widerstand gegen das Projekt verfasst und das Treffen von gestern in Zürich organisiert hat, fordert einen Stopp des Projekts, bis eine für die Samen annehmbare Lösung gefunden werde.
Die Sami-Delegation traf CS-Vertreter zu Gesprächen in Zürich. Foto: Andrea Zahler
Das Treffen bei der Credit Suisse sei in konstruktiver Atmosphäre abgelaufen, sagt Angela Mattli, Kampagnenleiterin bei der Gesellschaft für bedrohte Völker. Sie habe eine Bereitschaft wahrgenommen, den Anwohnern solcher Projekte vermehrt Aufmerksamkeit zu schenken. Die Bank müsse Standards definieren, fordert sie, nicht nur für direkte Investitionen, sondern auch für solche Aktiendepots.
Die Credit Suisse spricht ebenfalls von einer positiven Begegnung. Doch inhaltlich könne man den Kritikern kaum entgegenkommen, sagt Sprecherin Katrin Schaad: «Unsere Kunden bestimmen selbst, wie sie ihr Geld anlegen.» Sie betont, dass es nicht die Credit Suisse sei, die in das Projekt investiert. Die Bank habe bezüglich der Investitionstätigkeit ihrer Kunden keine Einflussmöglichkeiten. Sie stelle lediglich sicher, dass keine Vorschriften verletzt würden.
Nun wird in den kommenden Monaten der Entscheid der norwegischen Regierung erwartet, Parlamentspräsidentin Kesikitalo rechnet mit einem für die Samen abschlägigen Bescheid. Danach wird es weitere Einsprachen geben und wohl zu einem Gerichtsverfahren kommen.
Bis die Kupfermine steht, werden Jahre vergehen. Doch die Samen denken immer noch mit Schrecken an den Betrieb der alten Mine in den Siebzigerjahren zurück. Er wurde nach wenigen Jahren eingestellt, doch die Umweltschäden seien geblieben, berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker in einer Dokumentation. Die Fische seien teilweise noch heute deformiert. Auch die Rentiere, empfindlich auf Störungen, hätten Jahre gebraucht, bis sie sich wieder um den Fjord angesiedelt hätten.
Artikel Der Bund (27.8.2019)