Credit Suisse finanziert Händler​, die von Amazonas​-​Bränden profitieren

Satellitenbilder belegen, dass der Regenwald illegal abgebrannt wird. Die Grossbank vergab Millionenkredite an die vier weltgrössten Agrarhändler, die darin verstrickt sind.

Artikel von der SonntagsZeitung (20.10.2019)

Gross war der Applaus, als am 7. Oktober zur Eröffnung des Zürcher Filmfestivals der Streifen «Bruno Manser – die Stimme des Regenwaldes» gezeigt wurde. Kadermitarbeiter der Credit Suisse, der Hauptsponsorin des Festivals, klatschten eifrig mit, als die abtretende Co-Direktorin Nadja Schildknecht – die Partnerin von Bankpräsident Urs Rohner – den Kampf des Schweizer Umweltaktivisten gegen die Abholzung des Regenwaldes auf Borneo würdigte und sagte, der Film verweise auf die Bedeutung des Regenwaldes für den Planeten Erde.

Dumm nur, dass die Credit Suisse zu den wichtigsten Finanzierern von Unternehmen gehört, die von den heftigen Waldbränden dieses Sommers im Amazonas-Gebiet profitieren. Einem Bericht der Nichtregierungsorganisation Amazon Watch zufolge vergab die Bank Kredite an die vier weltgrössten Agrarhändler Cargill, Bunge, Louis Dreyfus und Archer Daniels Midland. Wie die SonntagsZeitung am 8. September berichtete, belegen Satellitenbilder, dass in der Nähe von brasilianischen Sojafeldern illegal der Regenwald abgebrannt wird. Die vier Agrarhändler beziehen von dort Getreide und verkaufen es über ihre Handelsplattformen in Genf.

Interne Regeln der Bank bieten Schlupfloch für Agrarhändler

Die Credit Suisse vergab an Louis Dreyfus zwischen 2013 und 2018 Kredite in der Höhe von 67 Millionen Dollar und brachte neu herausgegebene Anleihen und Aktien des Unternehmens im Wert von 278 Millionen Dollar auf den Markt. An Cargill vergab sie im gleichen Zeitraum Kredite in der Höhe von 274 Millionen Dollar, an Archer Daniels Midland waren es solche im Wert von 166 Millionen und an Bunge solche im Wert von 60 Millionen Dollar. Zudem war die Grossbank per 31. März mit 1,4 Prozent der Aktien am Schlachthausbetreiber Minerva beteiligt, der ebenfalls im grossen Stil in die Waldbrände verstrickt ist. Minerva ist der grösste Exporteur von Rindfleisch aus Südamerika und eine der grössten Schlachthausketten der Welt.

Die UBS und die Zürcher Kantonalbank sind auch involviert, aber gemäss Amazon Watch mit tieferen Beträgen von je 67 Millionen Dollar und nur bei Louis Dreyfus. Amazon Watch stützt sich auf Angaben der Agrarhändler, von Thomson Reuters und Bloomberg. Das grosse Engagement der Credit Suisse erstaunt, denn ihre internen Richtlinien besagen, dass «grundsätzlich keine in den primären Tropenwäldern tätigen Forst- oder Agrarunternehmen finanziert oder beraten werden».

Laut Sprecher Philipp Fanchini erbringt die Credit Suisse keine Dienstleistungen für Unternehmen aus der Forst- und Agrarwirtschaft, die Geschäftstätigkeiten in tropischen Primärregenwäldern, Wäldern mit hohem Schutzwert oder gefährdeten natürliche Biotopen haben. Die Credit Suisse finanziere und berate auch keine Forst- und Agrarwirtschaftsunternehmen, die keine ausdrückliche Richtlinie gegen den unkontrollierten oder ungesetzlichen Einsatz von Feuer durch ihre Forst-, Plantagen- oder Rohstoffbetriebe eingeführt haben. Ausnahmen von dieser Regelung müssten von einer spezifischen Zertifizierungsstelle bewilligt werden, die beispielsweise durch den Forest Stewardship Council (FSC) oder den runden Tisch für nachhaltiges Palmöl anerkannt ist.

Doch die Bank hat selbst ein Schlupfloch geschaffen, wie Sprecher Fanchini einräumt: «Die Weisung zu Agrar- und Forstwirtschaft ist nicht auf Agrarhandelsgesellschaften anwendbar. Sie bezieht sich auf Unternehmen, deren Aktivitäten direkt Auswirkungen auf primäre Tropenwälder haben können.» Damit sind Sägereien, Zellstoffbetriebe, Papiermühlen, Forstbetriebe, Plantagen und Farmen gemeint – nicht jedoch Handelsgesellschaften, die in die illegale Abholzung von Urwäldern verstrickt sind.

Auf die Frage, ob vor diesem Hintergrund ihr Engagement beim Zürcher Filmfestival, das sich dieses Jahr dem Klimaschutz widmete, nicht scheinheilig sei, antwortet dieCredit Suisse: «Dazu äussern wir uns nicht.»

Artikel SonntagsZeitung (20.10.2019)

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