Klammheimlich haben die Vereinten Nationen und die weltgrösste Lobbyorganisation diesen Sommer eine weitreichende Partnerschaft abgeschlossen. Die Zivilgesellschaft läuft nun Sturm gegen eine Vereinbarung, die den Primat der Wirtschaft gegenüber der Politik zementiert und damit auch die UNO als globale Garantin der Menschenrechte korrumpiert.
Kommentar von Public Eye (16.10.2019)
António Guterres und Klaus Schwab bei der Unterzeichnung des "Strategic Partnership Framework" durch Amina Mohammed und Børge Brende.
Zum 50. Geburtstag des WEF hat Klaus Schwab seinem in die Jahre gekommenen Baby das grösstmögliche Geschenk gemacht. Und sich zugleich einen lang gehegten Traum erfüllt. Am 13. Juni unterzeichneten das World Economic Forum (WEF) und die UNO ein „Strategic Partnership Framework“, das die Legitimität und Autorität der – dank Trump und Konsorten – sowieso schon angeschlagenen Weltbehörde weiter aushöhlt und den Konzernen direkten Einfluss auf viele relevante Gremien und Programme gewährt. Fast so skandalös wie dieser private Coup gegen den staatlichen Multilateralismus ist die Tatsache, dass er quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden konnte: Kein relevantes Medium analysierte bislang Inhalt und Konsequenzen dieses - bezeichnenderweise nur via WEF-Website auffindbaren Dokuments. Bei einigen UNO-Stellen löst das vierseitige „Memorandum of Understanding“ offenbar so viel Unbehagen aus, dass die Pressestelle lediglich ein ziemlich peinliches Foto der Unterzeichnungszeremonie in New York publiziert hat.
Auf dem Weg zur „public-private“ UNO…
Die vierte Macht verschläft hier grad einen historischen Meilenstein in der grassierenden „Corporate Capture“,also des systematischen Übergriffs wirtschaftlicher Akteure auf politische Institutionen, die national wie transnational immer skurrilere Blüten treibt. Bei dieser gefährlichen Machtverschiebung war Schwabs Davoser Klub seit jeher eine treibende Kraft. Den Grundstein des aktuellen Agreements legte das WEF denn auch schon vor zehn Jahren mit seiner Global Redesign Initiative. Auf 600 (!) Seiten wird darin ein neues Gouvernanz-Modell entworfen, das auf sogenannten Multistakeholder-Prozessen beruht, sich dabei nicht um demokratische Legitimation schert und bei denen Unternehmen eine (wenn nicht sogar die) entscheidende Rolle spielen. Das damals skizzierte Schreckgespenst einer „public-private“ UNO droht mit dem vorliegenden Kooperationsvertrag, der vom Klimawandel über Digitalisierung bis zu Gesundheit und Gleichberechtigung die gesamte gesellschaftspolitische Agenda umfasst, nun schrittweise Realität zu werden.
Public Eye kritisierte das „Blue Washing“ von Konzernen durch die Staatengemeinschaft erstmals anlässlich des – natürlich in Davos und natürlich auch vom damaligen UNO-Generalsekretär verkündeten – „Global Compact“. Dieser Papiertiger dient multinationalen Unternehmen bis heute als Feigenblatt und hat der Glaubwürdigkeit der Organisation mit dem blauen Logo massiv geschadet. Vor 15 Jahren schon liessen wir als Hirten verkleidete WEF-Konzerne mit dem Dollarstock eine Herde gutmütiger Politiker fragen: „Bin ich ein Partnerschaf?“
…und niemand schaut hin?
Mit dieser Frage sieht sich nun auch der auf dem New Yorker „Money Shot“ neben Schwab posierende Antonio Guterres konfrontiert. Und zwar ganz offiziell durch einen von Public Eye mitunterzeichneten Protestbrief. Darin wird der amtierende UNO-Chef von hunderten NGOs aufgefordert, die fatale Allianz „mit jenen Akteuren, deren Aktivitäten die existentielle Krise unseres Planeten verschärft oder gar mit verursacht haben“, sofort und bedingungslos aufzukündigen.
Ohne öffentliche Aufmerksamkeit dürfte dieser Appell freilich unbeantwortet bleiben.
Also liebe Medienschaffende:
A U F G E W A C H T!
Sonst hat die Konkurrenz diese Mutter aller Globalisierungsgeschichten vor euch im Blatt oder auf dem Sender.
Kommentar Public Eye (16.10.2019)