Die Schweiz als eine zentrale Drehscheibe des Pestizid- und Rohstoffhandels

Die heutige industriell-kapitalistische Landwirtschaft geht einher mit dem grossflächigen Einsatz von Pestiziden. Grosse Teile Lateinamerikas und Indonesiens wurden in den letzten Jahren auf exportorientierte Soja-, Mais- und Palmölmonokulturen für den Weltmarkt umgestellt. Viel davon wird zu Tierfutter in den Tierfabriken. Diese Monokulturen werden kurzfristig mit grossen Mengen von Pestiziden geschützt. Das Geschäftsmodell der Agrochemiekonzerne, allen voran von Syngenta, basiert auf diesem Pestizidgeschäft und zerstört die Biodiversität, die landwirtschaftlich nutzbaren Böden und unsere Gesundheit.

Die Versprechen der Agrochemiekonzerne, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln durch genetisch veränderte Pflanzen und durch neue «effizientere» Pestizide reduzieren zu können, wurden in den letzten 30 Jahren nicht erfüllt (siehe u.a. Greenpeace 2015). Im Gegenteil, der weltweite Einsatz von Pestiziden hat sich in dieser Zeit nahezu verdoppelt.

Von Public Eye und Unearthed (Greenpeace) recherchierte Daten zeigen erstmals das Ausmass der Ausfuhren all jener hochgiftigen Pestizide, die in ihren europäischen Herkunftsländern bereits verboten sind.

Die Pestizidkonzerne mit Sitz in der EU und der Schweiz exportieren riesige Mengen an höchstgiftigen Pestiziden, welche hierzulande aus Gründen des Umwelt- oder Gesundheitsschutzes nicht mehr verkauft werden dürfen. Drei Viertel davon gehen in wirtschaftlich schwächere Länder des globalen Südens (siehe Greenpeace, 10.9.2020). Das heisst Pestizide, welche mit den hier geltenden Schutzbestimmungen und Umweltstandards als zu riskant für Mensch und/oder Umwelt eingestuft wurden, werden für den Export in Länder mit weniger strikten Regulierungen als geeignet angesehen. Diese Doppelmoral der Europäischen Länder ist höchst verwerflich und muss sofort beendet werden. Die in Basel ansässige Syngenta Group ist mit Abstand die unrühmliche Spitzenreiterin in diesem dreckigen Geschäft.

Durch jahrelangen politischen Druck und umfassende Berichte konnte die Schweiz dieses Jahr zu einem wichtigen Schritt in die richtige Richtung bewegt werden: seit Anfang 2021 ist der Export aus der Schweiz von fünf hochgiftigen Pestiziden, welche in der Schweiz nicht mehr zugelassen sind (Atrazin, Diafenthiuron, Methidathion, Paraquat und Profenofos) untersagt (siehe Public Eye, 14.10.2020). Jahrelanger politischer Widerstand hat sich gelohnt!

Dieses Ausfuhrverbot muss ausgeweitet werden, mindestens auf alle Pestizide, die in der Schweiz aus Gründen des Umwelt- oder Gesundheitsschutzes verboten sind.

Multinationale Konzerne wie Bayer und Syngenta können dieses Verbot aber damit umgehen, dass sie die Produktion dieser Giftstoffe in andere Länder verlagern. Pestizide werden zunehmend in China produziert und in Sojarepubliken Lateinamerikas exportiert. Im Gegenzug exportieren dann internationale Agrarrohstoffhändler wie Cargill Sojamehl und Mais aus Lateinamerika als Tierfutter für die industriellen Tierfabriken, etwa nach China (siehe Public Eye, 18.6.2019). Dieser Dreieckshandel wird von den Hauptsitzen der Konzerne aus geleitet, wobei die Schweiz eine zentrale Drehscheibe ist. Pestizid- und Rohstoffkonzerne mit Haupt- oder Geschäftssitz in der Schweiz müssen für diese globalen Geschäfte in die Verantwortung genommen werden.

Der ungebremste Pestizideinsatz ist eine Verletzung des Menschenrechts auf Gesundheit und eine Gefährdung der Biodiversität. Multinationale Konzerne mit Sitz in der Schweiz müssen sich überall an die Menschenrechte halten. Eine Mehrheit der Schweizer Stimmbevölkerung hat im November 2020 der Konzernverantwortungsinitiative zugestimmt, die genau dies forderte. Der Konzern Syngenta muss überall auf die Produktion dieser hochgiftigen Pestizide verzichten. Dasselbe gilt für Bayer Crop Science, die Monsanto integriert, und den europäischen Hauptsitz kürzlich nach Basel verlagert hat.

Das globale Geschäft mit Pestiziden ist nicht Teil einer zukunftsfähigen Landwirtschaft, sondern Kern des Problems. Konzerne machen Milliardenprofite auf Kosten der Umwelt, der Ernährungssicherheit und Gesundheit von Millionen von Menschen, besonders im globalen Süden.

Dieses Jahr findet der Basler March against Bayer & Syngenta am 17. April 2021 statt, gleichzeitig mit dem von der internationalen Bäuer*Innen-Gewerkschaft «Via Campesina» organisierten weltweiten Tag des kleinbäuerlichen Widerstandes statt. In Basel haben wir mit dem Hauptsitz der Syngenta Group und dem europäischen Sitz der Landwirtschaftssparte von Bayer die weltweit grössten Pestizidkonzerne vor unserer Haustüre. Tragen wir an diesem Tag den Protest in antinationaler Solidarität dorthin, wo sich diese Konzerne sicher fühlen.

Dieser Text entstand im Rahmen des March against Bayer & Syngenta 2021

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