Die Schweizer Syngenta-Stiftung schreibt sich Wohltätigkeit auf die Fahne, bewirbt aber Produkte von Syngenta in Kenia. Ausgerechnet in einem Land, wo die Pestizide ohne Schutzausrüstung verkauft und eingesetzt werden. Die Stiftung zieht sich indessen aus der Verantwortung.
Auf Ihrer Website profiliert sich die «Syngenta Foundation for Sustainable Agriculture (SFSA)», wie die Syngenta-Stiftung offiziell heisst, als eigenständige und vom Agrochemiekonzern Syngenta unabhängige Kraft, die sich für eine nachhaltige Landwirtschaft einsetzt. So heisst es:
Ethics, safety, and compliance are core to the way we operate. As our Statutes demand, we work outside the commercial arena of Syngenta, remaining independent in our views and decisions.
Eine Recherche zeigt, dass weder die ethischen Prinzipien noch der Aspekt, «ausserhalb der kommerziellen Arena von Syngenta» zu agieren, einer ernsthaften Prüfung standhält.
Verkauf von hochgiftigen Pestiziden – kein Angebot von notwendigen Schutzausrüstungen
Der Basler Journalist Samuel Schläfli (siehe auch sein Auftritt beim kommenden Kongress against Syngenta) und das investigative Rechercheteam Reflekt haben sechs sogenannte «Farmers Hubs» unter die Lupe genommen (siehe Tages-Anzeiger, 30.12.2023). Die «Farmers Hubs» sind Projekte, die von der Syngenta-Stiftung unterstützt werden. Die Kleinbäuer:innen, welche an den Projekten teilnehmen, profitieren von erleichtertem Zugang zu Pestiziden und Saatgut und werden beim Verkauf ihrer Ernte unterstützt. Zudem erhalten sie Trainings, etwa zum Thema klimaresistente Landwirtschaft, und es finden Produktpräsentationen statt. Vier von den betrachteten sechs «Farmers Hubs» betreiben Geschäfte, in denen hochgefährliche Pestizide verkauft werden, die teilweise in der Schweiz verboten sind.
Beispiele solcher Pestizide:
- Pegasus: Verwendung und Export seit 2021 in der Schweiz verboten
- Daconil: akut toxisch und wahrscheinlich krebserregend, dazu in der Europäischen Union und der Schweiz verboten
- Karate Zeon: mit einem akut toxischen Wirkstoff, der vermutlich dem Hormonhaushalt schadet und die Fruchtbarkeit beeinträchtigt
In keinem der Geschäfte gab es die nötige Schutzausrüstung zu kaufen. Die Syngenta-Stiftung sei sich zwar bewusst, dass eine Schutzausrüstung für die Kleinbäuer:innen zu teuer ist, aber sie schiebt die Verantwortung ab (siehe Tages-Anzeiger, 30.12.2023): «Der Zugang zu und die Verwendung von Schutzausrüstungen ist komplex und hängt von den persönlichen Entscheidungen der Landwirte ab.»
Stiftung bewirbt Syngenta-Pestizide
Kenia ist für die Syngenta-Stiftung ein Schwerpunktland. Dort sind die beschriebenen «Farmers Hubs» der wichtigste Bestandteil ihrer Aktivitäten. Zur gleichen Zeit ist der Syngenta-Konzern Marktführer bei den Pestiziden. Der Konzern hat im Jahr 2020 in Kenia 544 Tonnen verkauft, fast 70 Prozent davon sind als hochgefährlich klassifiziert. Laut Recherchen des Journalisten Samuel Schläfli (siehe Tages-Anzeigers, 30.12.2023) werden in den von der Stiftung betriebenen Trainings die Pestizide des Konzerns beworben. Auch in den Geschäften der «Farmers Hubs» werden die Pestizide von Syngenta empfohlen.
Umstrittene Gemeinnützigkeit
Angesicht der Vermarktung von hochgiftigen Syngenta-Pestiziden wird die Steuerbefreiung der Stiftung nun zum Politikum in Basel (siehe Tages-Anzeiger, 8.1.2024). Denn dort befindet sich der Sitz der Stiftung. Christoph Hochuli, der für die EVP im kantonalen Parlament sitzt, will von der Kantonsregierung und der Steuerverwaltung wissen, ob ihnen bekannt war, dass die als gemeinnützig geltende Stiftung von Syngenta eigene Pestizide vermarktet. Mitten in dieser Kontroverse wurde bekannt, dass die Syngenta-Stiftung bis Ende Jahr aufgelöst und ihr Sitz in Basel geschlossen wird (siehe Tages-Anzeiger, 10.4.2024). Davon betroffen sind rund 170 Mitarbeitende weltweit, davon 24 in Basel. Laut Informationen der berichterstattenden Zeitung, sei der Entscheid bereits im Jahr 2022 getroffen worden und habe keinen Zusammenhang mit den jüngsten Kontroversen.