Nestlé muss sich nicht zum ersten Mal dem Vorwurf stellen, die Verletzung von grundlegenden Arbeits- und Menschenrechten entlang seiner Lieferkette nicht ausschliessen zu können. Nach Vorwürfen der Kinderarbeit auf Kakaoplantagen an der Elfenbeinküste, die an Nestlé liefern, und sklavenartigen Zuständen bei Zulieferern für Nestlés Katzenfutter in Thailand, stehen nun brasilianische Zulieferer für Nestlés Kaffeesparte wegen Zwangsarbeit in der Kritik.
Die dänische Organisation DanWatch hat in der brasilianischen Provinz Minas Gerais, aus der die Hälfte des brasilianischen Kaffees stammt, Arbeiter*innen, Kaffeebäuer*innen, Handelsunternehmen, Expert*innen und lokale Behörden befragt und ist dem Kaffee entlang der gesamten Lieferkette gefolgt – von der Plantage bis zum Weltmarkt. Dadurch ist sie auf Plantagen gestossen, in denen die Arbeiter*innen unter katastrophalen Bedingungen leiden. Auch Fälle von Kinderarbeit wurden durch DanWatch aufgedeckt.
DanWatch hat Nestlé und Jacobs Douwe Egberts mit den Ergebnissen konfrontiert. Die beiden Produzenten, die zusammen 39 Prozent des weltweiten Kaffeemarkts ausmachen, geben an, dass sie nicht alle Zulieferer kennen würden. Somit sind die Unternehmen nicht in der Lage, Fälle von Zwangsarbeit in ihrer Lieferkette auszuschliessen.
Laut DanWatch sind Zustände nahe der Sklaverei in der brasilianischen Kaffeeindustrie an der Tagesordnung. Menschen würden gezwungen, für geringe oder überhaupt keine Bezahlung zu arbeiten. Ihre Lebensbedingungen seien auch ausserhalb der Plantagen menschenunwürdig. Lokale Behörden und Organisationen würden immer wieder Arbeiter*innen aus Zwangsverhältnissen befreien. Arbeiter*innen leiden unter den Folgen von Pestizideinsätzen. Dies ist umso dramatischer, da rund ein Drittel des weltweiten Kaffees aus Brasilien stammt, wodurch das Land der wichtigste Kaffeeexporteur der Welt ist.
Eine Dokumentation über die Untersuchung hat Danwatch im März 2016 publiziert, darin sind Fallbeispiele mit Videos und Interviews enthalten.
An den Nachforschungen war auch die brasilianische NGO Repórter Brasil beteiligt. Die NGO ist der Frage nachgegangen, ob auch auf zertifizierten Bauernhöfen entsprechende Arbeitsbedingungen herrschen. Gemäss dem Bericht vom Dezember 2016 trifft dies zu, auch auf zertizierte Zulieferer von Nestlé.